Diatonisch (griech.), durchtönig, natürlich, stufentönig; eigentlich was durch die Töne oder von Ton zu Ton geht, bedeutet eine solche Folge von Tönen, unter welchen sich kein Intervall befindet, welches kleiner ist als die kleine Sekunde oder als der große halbe Ton. Daher [war] diatonisches Tongeschlecht bei den Griechen die erste Grundlegung ihres Musiksystems, die Anordnung ihres Tetrachords, welche einen halben Ton und zwei ganze Töne (z. B. h-c-d-e) und zwar in verschiedenen Tonarten in abwechselnder Reihenfolge nacheinander erscheinen ließ, im Gegensatz zu dem chromatischen und dem enharmonischen Geschlecht.
Seit Ambrosius († 394) und Gregor I († 604) haben wir nur das diatonische Tongeschlecht beibehalten, indem wir seinen Begriff in den Verein und die Reihenfolge aller sieben Tonstufen ohne Auslassung und ohne zweifache Benutzung einer Stufe setzen. Unser diatonisches Tongeschlecht enthält also die sieben Tonstufen: c d e f g a h, gleichviel von welcher man anfängt; jede dieser Tonstufen kann unverändert oder erhöht (zum Beispiel cis […] fis etc.) oder erniedrigt (zum Beispiel des es fes ges etc.), nicht aber in zwei solchen Gestaltungen zugleich (zum Beispiel c nicht zugleich als cis oder ces) erscheinen. Solange sich demnach die Melodie durch ganze oder große halbe Töne fortbewegt, solange behauptet sich auch der Charakter des Diatonischen, es möge dabei Versetzungszeichen vorkommen, vor welchem Tone sie wollen.
Diatonische Tonleiter bedeutet eine Reihe von Tönen, die unterhalb des Raumes einer Oktave aus 5 ganzen und 2 großen halben Tönen besteht. Jede Tonleiter der 12 Dur- und 12 Molltonarten der modernen Musik ist somit diatonisch. [Riewe Handwörterbuch 1879, 73]