Allegro (1929)
Allegro (italienisch, abgekürzt Allo), eine der ältesten Tempobezeichnungen, bedeutet im Italienischen "heiter", "lustig", hat aber im Lauf der Zeit die Bedeutung von "schnell" erhalten, so dass es heute [um 1930] in Zusammensetzungen allgemein gebraucht wird, die gegenüber der italienischen Wortbedeutung pleonastisch oder auch geradezu sinnlos erscheinen, z. B. Allegro giojoso ("lustig-heiter"), Allegro irato ("lustig-zornig"). Der alte "Wortsinn existiert wenigstens für uns Deutsche nicht mehr.
Wie man von einem Adagio als einem langsamen Satze ganz allgemein spricht, so hat auch das Wort Allegro die allgemeine Bedeutung eines schnell bewegten Satzes erhalten, und man nennt daher z. B. einen ersten Sinfoniesatz ein Allegro, auch wenn er vielleicht mit Vivace oder Con fuoco überschrieben ist. Der Superlativ allegrissimo ist selten. Er steht in der Bedeutung etwa mit presto gleich.
Im 17. Jahrhundert ist es noch allgemein gebräuchlich, schnelle Sätze mit kürzeren Notenwerten zu notieren, so dass die Tempobezeichnungen noch ziemlich entbehrlich sind. Seit Bachs Zeit aber ist es Brauch geworden, den ästhetischen Eindruck zu verstärken durch Vermeidung kleiner Werte im Allegro und Presto (vgl. Tempo). Es versteht sich, dass man arge Missgriffe machen kann, wenn man diese älteren Werke mit Anwendung unserer heutigen Bedeutung der Bestimmungen interpretiert und etwa die Achtel eines Adagio viel langsamer nimmt als die Viertel eines Allegro. [Einstein/Riemann Musiklexikon 1929, 30]