Musiklexikon: Was bedeutet Fuge?

Fuge (1929)

Fuge (lateinisch und italienisch: fuga, französisch, englisch: fugue), die am höchsten entwickelte Kunstform des imitierenden Stils. Die Gleichstellung der beteiligten Stimmen wird in der Fuge zur äußersten Konsequenz geführt, indem ein prägnantes Thema die Stimmen abwechselnd durchläuft und so bald die eine, bald die andere zur Hauptstimme wird. Die Fuge ist daher mindestens zweistimmig. Der Name fuga ("Flucht") kommt bereits im 14. Jahrhundert vor (Johannes de Muris), bezeichnet aber damals wie caccia ("Jagd") den Kanon (siehe dort). Mit dem Aufkommen des frei imitierenden Vokalstils zu Ende des 15. Jahrhunderts (Ockeghem) geht er auf diesen über (schon bei Ramis); doch heißen auch noch im 16. Jahrhundert strenge Kanons fuga.

Vorstufen der eigentlichen Fuge sind die Ricercari (siehe dort) und die entsprechend gearbeiteten Teile der Kanzonen, Sonaten und Ouvertüren des 17. Jahrhunderts. Diese älteren fugierten Sätze geben aber gewöhnlich nach Art der imitierenden Vokalsätze das Thema nach einmaliger oder auch mehrmaliger Durchführung zugunsten eines neuen auf, das ebenso durchgeführt wird. Vereinzelte Ricercari (Fantasie, Capricci, Tientos), welche ein Thema von Anfang bis zu Ende festhalten, kommen zwar schon im 16. Jahrhundert vor, doch wird die eigentliche Fuge erst gegen Ende des 17. Jahrhunderts durch die Organisten und Suitenkomponisten bewusst ausgebildet.

Es ist wohl zu beachten, dass die wirkliche Fuge eine ursprünglich instrumentale Form ist, die aus dem in Nachbildung des imitierenden Motettensatzes entstandenen Ricercar sich entwickeln musste, sobald das nur im Vokalsatz durch den Fortgang des Textes motivierte Auftreten immer neuer Motive zugunsten strengerer Einheitlichkeit aufgegeben wurde. Die Vokalfuge konnte erst durch Rückübertragung vom Instrumentalsatz auf vokales Gebiet entstehen.

Die wichtigsten Namen der älteren Geschichte der Fuge sind: Andrea und Giovanni Gabrieli, Frescobaldi, J. P. Sweelinck, Scheidt, Froberger, Pachelbel, Buxtehude; ihre höchste künstlerische Ausbildung erhielt sie durch Johann Sebastian Bach (instrumental) und Händel (vokal). Die Fugen Buxtehudes kommen in Bezug auf strenge Ordnung der Einsätze und die Unterschiede der Form des Dux und Comes bereits Bach sehr nahe. Es fehlt ihnen aber noch die zielbewusste Disposition über die Tonartenbewegung (Modulation) zur Erzielung einer sicheren Linienführung im Großen. Vgl. Jos. Müller-Blattau, Grundzüge einer Geschichte der Fuge (1923).

Die wesentlichsten Teile und Termini technici der Fuge sind: Das Thema (Führer, Subjekt, Dux, Guida, Proposta), von der beginnenden Stimme zuerst allein vorgetragen, worauf eine zweite mit der Antwort (Gefährte, Comes, Risposta, Conseguente) einsetzt, während die erste dagegen einen rhythmisch und melodisch prägnanten Kontrapunkt (Gegensatz, Kontrasubjekt) ausführt. Ist die Fuge mehr als zweistimmig, so bringt die dritte Stimme bei ihrem ersten Eintritt in der Regel wieder den Führer, die vierte den Gefährten usw. Das einmalige Durchlaufen des Themas durch alle Stimmen heißt eine Durchführung (Wiederschlag). Die erste Durchführung wird auch die Exposition der Fuge genannt. Sie bringt bei einfachen Fugen gewöhnlich bereits das gesamte motivische Material des ganzen Stücks. Die weiteren Durchführungen bringen hauptsächlich durch Vertauschung der Stellung der Stimmen zueinander (Umkehrung) und durch Modulation in andere Tonarten neue Wirkungen hervor. Bei diesen weiteren Durchführungen brauchen neben der beginnenden Stimme die übrigen nicht zu pausieren. Als Regel gilt auch, dass die Reihenfolge der Stimmen für die Übernahme des Themas in jeder Durchführung eine andere ist, und dass nicht eine Stimme zweimal nacheinander das Thema in derselben Lage bringt. Doch sind auch Beispiele der absichtlichen Festhaltung derselben Stimmenfolge nicht selten (vgl. Wohltemp. Klavier I. Fis-Dur herabsteigend und II. H-Dur aufsteigend). Nach dem allgemeinen Gesetz aller musikalischen Formgebung (A-B-A) steht die mittlere Partie der Fuge in Nebentonarten (Dominante, Parallele, Parallele der Dominante, Dominante der Parallele, zuletzt auch Subdominante und deren Parallele), doch sind bei Bach große Fugen nicht selten, welche in der Mitte des Modulationsteils einen Kern in der Haupttonart zeigen. Die Anzahl der Durchführungen richtet sich vor allem nach der Länge des Themas. Fugen mit kurzem Thema bringen gern nach der Exposition noch eine zweite Durchführung in der Haupttonart, die mit dem Comes beginnt. Sehr häufig sind spätere Durchführungen inkomplett, selten überkomplett (letzteres in der Regel nur dann, wenn Engführungen gemacht werden). Der Gefährte (Comes) ist eine Transposition des Führers in die Oberquinte (Unterquarte, Oberduodezime, Unterundezime), und zwar entweder eine ganz getreue Transposition (Fuga reale) oder eine durch Rücksichten auf die Modulationsordnung modifizierte (tonale Fuge, Fuga de tono).

Das Hauptgesetz für die Beantwortung des Fugenthemas ist, dass der Gefährte zur Dominante modulieren muss, wenn der Führer in der Haupttonart bleibt, und dass ihm die Rückmodulation zufällt, wenn bereits der Führer die Dominanttonart erreicht hat. Zwischen die einzelnen Durchführungen treten in der Regel kurze Zwischenspiele (Zwischensätze, Divertimenti, Andamenti, Episoden), deren Motive gewöhnlich dem Gegensatz entlehnt werden. Bei ausgedehnten Fugen müssen die Zwischenspiele abwechslungsreich gestaltet werden, wenn nicht die ewige Wiederkehr des Themas ermüden soll. In den französischen Ouvertüren (Orchestersuiten) der Zeit Bachs fallen die Episoden gewöhnlich einem Bläsertrio (2 Oboen und Fagott) zu und bilden so auch durch die Klangfarbe einen auffallenden Kontrast (sie haben ohne Zweifel mit zur Erkenntnis des ästhetischen Wertes eines kontrastierenden 2. Themas für die nachherige Sonatenform geführt). Besondere Komplikationen sind die Einführung des Themas in der Gegenbewegung oder der Verkürzung oder Verlängerung, die Anwendung des doppelten Kontrapunkts in der Duodezime oder Dezime, sowie die sog. Engführung (stretto) von Führer und Gefährten (Einsätze in so schneller Folge, dass beide teilweise zugleich verlaufen) in ihrer ursprünglichen Form oder aber von anderen Stufen der Skala aus, auch in Gegenbewegung, Verlängerung usw. Wird das Kontrasubjekt neben dem Hauptthema gleichfalls streng durchgeführt, so entsteht die Doppelfuge (siehe dort). Eine systematische Vorführung aller solcher Möglichkeiten versucht Bachs letztes Werk Die Kunst der Fuge (vgl. H. Riemanns kommentierte Ausgabe - bei Schott).

Vgl. Marpurg, Abhandlung von der Fuge, Th. Weinlig, Anleitung zur Fuge (nachgel. 1845/1852), J. Knorr, Lehrbuch der Fugenkomposition (1911), Fétis, Traité de la fugue…, Hauptmann, Erläuterungen zu Bachs Kunst der Fuge (1841) und Einige Regeln zur richtigen Beantwortung des Fugenthemas (in Opuscula), Riemann, Katechismus der Fugen-Komposition (Analyse sämtlicher Fugen und Präludien des Wohltemperierten Klaviers und der Kunst der Fuge) sowie desselben Große Kompositionslehre 2. Bd. (Der polyphone Satz) und den Anhang seines Kontrapunkt (3. Aufl. 1914), Eb. Prout, Fugue (1891) und Fugal Analysis (1892), sowie A. W. Marchant, 500 Fugal Subjects and Answers Ancient and Modern (Nr. 35 der Primers von Novello), A. Gédalge, Traité de la fugue (1. Bd. 1901, deutsch von E. Stier 1907); Max Zulauf, Zur Frage der Quintbeantwortung bei J. S. Bach (ZfMW. VI, 2, 1923). Vgl. auch Choralbearbeitung. [Einstein/Riemann Musiklexikon 1929, 550ff]

Fuge (1882)

Fuge, die [um 1880] am höchsten entwickelte Kunstform des konzertierenden Stils, in welcher die Gleichstellung der beteiligten Stimmen zur äußersten Konsequenz geführt wird, indem ein prägnantes, kurzes Thema dieselben abwechselnd durchläuft und bald die eine, bald die andere hervortreten lässt. Die Fuge ist daher mindestens zweistimmig.

Aus den kanonischen Spielereien der Niederländer (15.-16. Jahrhundert) entwickelte sich im Laufe des 17. Jahrhunderts allmählich unsere heutige Quintfuge. Der Name Fuga bedeutete im 15.-16. Jahrhundert das, was wir jetzt Kanon nennen, während die freieren Bildungen seit Ende des 16. Jahrhunderts, welche manchmal unserer Fuge schon ähneln, Ricercar, Toccata, Phantasie, Sonate hießen. Die wichtigsten Namen der älteren Geschichte der Fuge sind: Andrea und Giovanni Gabrieli, Frescobaldi, Froberger, J. P. Sweelinck, Scheidt, Pachelbel, Buxtehude. Ihre höchste künstlerische Ausbildung erhielt sie durch Johann Sebastian Bach (instrumental) und Händel (vokal).

Die wesentlichsten Teile und Termini technici der Fuge sind: Das Thema (Führer, Subjekt, dux, guida, proposta), von der beginnenden Stimme zuerst allein vorgetragen, worauf eine zweite mit der Antwort (Gefährte, comes, risposta, conseguente) einsetzt, während die erste dagegen einen rhythmisch und melodisch prägnanten Kontrapunkt ausführt (Gegensatz, Kontrasubjekt). Ist die Fuge mehr als zweistimmig, so bringt die dritte Stimme wieder den Führer, die vierte den Gefährten etc. Das einmalige Durchlaufen des Themas durch alle Stimmen heißt eine Durchführung (Wiederschlag). Je größer die Zahl der Stimmen der Fuge ist, desto größer pflegt auch die der Durchführungen zu sein, weil die Folge der Stimmeneinsätze eine desto mehrfachere Permutation gestattet, zum Beispiel (D = Dux, C = Comes, 1, 2, 3 = 1., 2., 3. Stimme, von oben nach unten gezählt):
I. (zweistimmig): 1 D 2 C - 2 D 1 C.
II. (dreistimmig): 1 D 2 C 3 D - 1 D 3 C 2 D - 2 D 1 C 3 D - 2 D 3 C 1 D - 3 D 2 C 1 D - 3 D 1 C 2 D.
III. (vierstimmig): 1 D 2 C 3 D 4 C - 1 D 2 C 4 D 3 C - 1 D 3 C 2 D 4 C […]

Fuge (Riemann 1882)

Dux und Comes in der Fuge

etc., im ganzen 24 verschiedene Stimmfolgen, die mit dem Dux einsetzen und regelmäßig mit Dux-Comes wechseln. Die fünfstimmige Fuge gestattet aber 120 verschiedene Stimmenfolgen dieser Art. Dazu kommen ebenso viele Möglichkeiten für die im Verlauf der Fuge auftretenden ferneren Durchführungen, welche mit dem Comes anfangen dürfen (die zweite Durchführung beginnt sogar regelmäßig mit dem Comes), sowie die Lizenzen, dass zwei Stimmen nacheinander den Dux oder Comes bringen. Die Vielgestaltigkeit der Fuge trotz des scheinbaren Schematismus ist hieraus klar ersichtlich.

Der Gefährte ist eine Transposition des Führers auf die Quinte (Unterquarte, Oberduodezime, Unterundezime) - und zwar entweder eine ganz getreue Transposition (Realfuge) oder eine durch Rücksichten auf die Festhaltung der Tonart modifizierte (tonale Fuge, Fuga de tono). Das Hauptgesetz für die tonale Beantwortung des Fugenthemas ist, dass Tonika und Dominante (Prime und Quinte der Tonart) einander gegenseitig antworten, z. B.:

Fuge (Riemann 1882)

Fuge, real/tonal

Bei Bach sind beide Arten häufig zu finden. Vergleiche Hauptmanns "Erläuterungen zu Bachs Kunst der Fuge" sowie desselben bezügliche Aufsätze in den "Wiener Rezensionen".

Der ersten Durchführung (Exposition) der Fuge folgt ein meist nur kurzes Zwischenspiel (Zwischensatz, divertimento, andamento), das Motive des Themas oder Kontrasubjekts frei verarbeitet und eine leichte Modulation in eine verwandte Tonart macht, aber schnell zurückkehrt. Bei ausgedehnteren Fugen müssen die Zwischenspiele (Episoden) interessant gestaltet werden, wenn nicht die ewige Wiederkehr des Themas ermüden soll. Eine dritte oder vierte Durchführung pflegt man frei anzulegen, das Thema in anderer Tonart zu bringen und die Antworten nicht in der Quinte, sondern in anderen Intervallen, auch wohl wieder anderen Tonarten.

Besondere Freiheiten sind die Beantwortung des Themas in der Umkehrung, Verkürzung oder Verlängerung und mit einzelnen rhythmischen Abweichungen. Die letzte Durchführung ist in der Regel ein kontrapunktisches Kunststück, nämlich die mehrfache Engführung (stretto) von Führer und Gefährten (Einsätze in schneller Folge, so dass beide teilweise zugleich erklingen). Wird das Kontrasubjekt neben dem Hauptthema gleichfalls durchgeführt, so entsteht die Doppelfuge (siehe dort). Vergleiche auch Choralbearbeitung. [Riemann Musik-Lexikon 1882, 277f]

Fuge (1807)

Fuge ist ein bekanntes Tonstück, welches sich durch seine ihm ganz allein eigentümliche Form und Einrichtung von allen übrigen Arten der Tonstücke sehr merklich unterscheidet: Es besteht aus einem Hauptsatz [Thema], welcher durch das ganze Stück hindurch wechselweise von allen dazu gehörigen Hauptstimmen ergriffen und von denselben nach gewissen Regeln vorgetragen oder nachgeahmt wird. Dabei ist die immer auf verschiedene Arten wiederkehrende Nachahmung des Hauptsatzes dergestalt verwebt, dass das Ganze ohne merkliche Absätze und Ruhepunkte und ohne Absonderung einer Hauptperiode von der anderen fortströmt, bis alle Stimmen sich zum gemeinschaftlichen Schlusse neigen.

Vermittelst dieser Einrichtung wird eine Stimme so hervorstechend wie die andere, so dass keine der anderen bloß zur Begleitung dient, sondern jede derselben behaupten den Charakter einer Hauptstimme mit gleichem Rechte.

Bei jeder Fuge kommen fünf Hauptstücke in Betracht:

  1. Der Hauptsatz oder das Thema, oft auch das Subjekt genannt. Es ist der herrschende Satz, welcher durch mannigfaltige Nachahmungen und durch wechselweise Versetzung in alle[n] Stimmen ausgeführt, und weil er den Fugensatz anhebt und gleichsam den übrigen Stimmen zum Wegweiser dient, gewöhnlich der Führer oder Dux genannt wird. - Jede Stimme hat das Recht, mit diesem Hauptsatze die Fuge anzufangen.
  2. Der Gefährte, lat. Comes, oft auch die Antwort genannt, ist die ähnliche Wiederholung des Führers in einer anderen Stimme - und zwar auf anderen Stufen der Tonleiter, die von gewissen Regeln bestimmt werden. In der Fuge ist es nicht genug, dass der Hauptsatz, nachdem er von einer Stimme vorgetragen worden ist, von einer anderen ergriffen und auf willkürlichen Stufen der Tonleiter nachgeahmt wird, sondern diese Nachahmung muss sich auf gewisse Regeln gründen, die bei unserer gewöhnlichen Quintenfuge ihre Ursachen in der Teilung der Oktave oder in der Lage der beiden halben Töne der Tonleiter [Halbtonschritte] haben.
  3. Die Gegenharmonie oder das Kontrasubjekt. Man versteht darunter eigentlich diejenige Melodie, die sich jederzeit, wenn diese oder jene Stimme den Hauptsatz vorträgt, in einer anderen Stimme hören lässt. Gemeiniglich beginnt das Kontrasubjekt da, wo der Gefährte eintritt. Zuweilen vereinigt der Tonsetzer aber auch, aus Ursachen, die hier anzuzeigen zu weitläufig sein würde, das Kontrasubjekt zugleich mit dem Führer.Nächst dem Kontrasubjekte versteht man unter der Gegenharmonie zugleich diejenige Melodie, mit welcher noch außer dem Kontrasubjekte der Hauptsatz in dieser oder jener Stimme in dem Verfolge der Fuge begleitet wird.
  4. Der Wiederschlag, lat. Repercussio, ist die Ordnung, in welcher Führer und Gefährte sich in den verschiedenen Stimmen hören lassen, und die größtenteils von der Teilung der Oktave abhängt.
  5. Die Zwischenharmonie. Man versteht darunter diejenigen kurzen Sätze, die sich, solange der Hauptsatz schweigt, wegen des Zusammenhanges hören lassen, und die der strengen Fuge aus der Melodie des Hauptsatzes oder des Kontrasubjektes hergeleitet sind.

Wenn bei der Fuge bloß das Thema mit seinem Kontrasubjekte bearbeitet wird, so dass die Zwischenharmonie aus dem Hauptsatze oder aus dem Kontrasubjekte genommen ist, so wird sie eine strenge Fuge genannt. Lassen sich hingegen zwischen den Reperkussionen des Hauptsatzes andere Sätze hören, die nicht unmittelbar aus dem Subjekte oder Kontrasubjekte fließen, so nennt man sie eine freie Fuge. Von dieser letzten Art gibt uns die allgemein bekannte Ouverture aus Mozarts Zauberflöte ein fürtreffliches Beispiel.

Wenn die strenge Fuge mit verschiedenen ungewöhnlicheren und künstlichen Nachahmungen und Versetzungen des Hauptsatzes oder des Kontrasubjektes vermischt wird, so pflegen sie alsdann viele eine Ricertata oder eine Kunstfuge zu nennen.

Zuweilen werden in der Fuge zwei oder mehrere Hauptsätze miteinander verbunden, die sich teils einzeln, teils untereinander vermischt hören lassen, und dann bekommt sie den Namen Doppelfuge.

Den ausführlichsten Unterricht von der Einrichtung der Fuge findet man in dem vor kurzem wieder neu aufgelegten Werke von Marpurg – unter dem Titel: Abhandlung von der Fuge ...

Über den Vortrag der Fuge, besonders der strengen Fuge in Oratorien und Kirchen-Kantaten, ist noch zu bemerken, dass sie

  1. mit einem sehr markichten und gut unterhaltenen Tone und auf den Bogeninstrumenten mit einem kräftigen und bedeutenden Striche ausgeführt werden muss;
  2. dass der Eintritt des Hauptsatzes, besonders wenn er ohne vorhergegangene Pause geschieht, sehr merklich herausgehoben werden muss, und
  3. dass keine Note, die an eine vorhergehende Note angebunden ist, und kein Punkt, der auf eine lange Note folgt, markiert werden darf.

[Koch Handwörterbuch Musik 1807, 159f]