B (1865)
B. Tonbuchstabe, ursprünglich, im alten mit A beginnenden Tonsystem, Name der zweiten, als später das Γ graecum hinzugekommen war, Name der dritten Tonstufe (siehe Solmisation, Notenschrift).
1. Im System der Hexachorde wurde, wie auch schon im großen oder vollkommenen System der Griechen, die Stufe B in zweierlei Gestalt ausgeübt, nämlich als ♮ durum, (B durum quadrum, quadratum, unser H), einen ganzen Ton von A ausmachend; und, indem der Ton F einer vollkommenen Quart bedurfte, als ♭ molle (rotundum, unser B), gegen A einen halben Ton betragend. Das ♮ durum hieß in der Solmisationssprache B-mi und kam im I., IV., und VII. Hexachord vor, welche Hexachorde davon hart oder durum genannt wurden. Das ♭ molle hieß B-fa und stand im III. und VI. Hexachord, welche davon die Bezeichnung weich oder molle erhielten (die Hexachorde II und V, in denen weder ♭ noch ♮ vorkam, hießen naturale oder permanens).
Ein Gesang, in dem das ♭ molle vorkam, hieß Cantus mollis, und einer, worin das ♮ durum gebraucht wurde, Cantus durus (siehe dort).
2. Das am Schlüssel vorgezeichnete ♭ war ein Merkmal des Moll- oder transponierten Systems (Systema molle oder transpositum), d. h. derjenigen Oktavgattungen, welche durch Transposition der Tonarten des Systema durum oder regulare in die Oberquart entstanden und nichts als diesen an Tonfolge ähnliche, nur örtlich von ihnen verschiedene Versetzungen waren. Wurde z. B. die äolische Tonart a-h-c-d-e-f-g um eine Quart höher, also von d, angefangen, so erhielt sie ein ♭ vor h vorgezeichnet, weil sonst die Transposition inbetreff der Lage ihrer Halbtöne von der Haupttonart abgewichen wäre (siehe Tonart). In Folge dieses am Schlüssel vorgezeichneten ♭ molle hieß das System dieser transponierten Tonarten Systema molle.
3. In der modernen Musik ist der Buchstabe B Name der siebten, um einen halben Ton erniedrigten Stufe [der diatonischen Skala], des elften Tones der diatonisch-chromatischen Skala, der kleinen Terz von G, kleinen Septime von C; in den mitklingenden Tönen das siebente Verhältnis, 7:4, in dieser ursprünglichen Gestalt jedoch zu tief, um in der Musik brauchbar zu sein (siehe Septime), und deshalb durch 16/9 (auch 9/5) ersetzt. Auf gleichschwebend temperierten Tasteninstrumenten fällt die siebte erniedrigte Stufe B mit der sechsten erhöhten Ais auf einer Taste zusammen, in Wirklichkeit aber sind beide Töne gleich allen anderen enharmonischen Tönen verschieden und werden im Gesang und Spiel auf Instrumenten mit bestimmbarer Tonhöhe auch als verschiedene Töne dargestellt - Ais als übermäßige Sext, ist höher als B, die kleine Septime (siehe Temperatur).
4. Das Zeichen des B molle, ♭, ist Versetzungszeichen, wodurch angezeigt wird, dass die entweder am Schlüssel oder im Verlauf des Tonsatzes damit bezeichnete natürliche Stufe um einen halben Ton tiefer auszuüben ist (siehe Notenschrift - Versetzungszeichen).
5. Auf Stimmen und Stimmbüchern vorkommend, ist der große Buchstabe B Abbreviatur für Basso. B. C. bedeutet Basso Continuo. [Dommer Musikalisches Lexicon 1865, 88f]