Musiklexikon: Was bedeutet Scherzo?

Scherzo (1882)

Scherzo (sprich: skérzo, "Scherz") ist seit Beethoven die Bezeichnung eines launigen, meist schnell bewegten, rhythmisch und harmonisch pikanten, fein phrasierten, daher delikat vorzutragenden Satzes, der zwischen den langsamen Satz und das Finale (Rondo) oder (neuerdings [um 1880] häufig) zwischen den ersten und den langsamen Satz der Sonate, Symphonie etc. eingeschoben wird an Stelle des früher (bei Haydn und Mozart) üblichen Menuetts.

Der Name Scherzo ist indes viel älter und kommt, wie Capriccio, sowohl für weltliche Lieder (schon im 16. Jahrhundert) als auch für Instrumentalstücke (im 17. Jahrhundert) vor. [Riemann Musik-Lexikon 1882, 811]

Scherzo (1865)

Scherzo, im allgemeinen Sinne ein Tonstück von leichtem und heiterem Charakter, in welchem Humor und scherzhafte Laune mit den Gefühlen ein munteres Spiel treiben, wovon das Kapriziöse und Burleske keineswegs ausgeschlossen ist. Daher verlangt es im Vortrag auch mehr Rundung in der Ausführung der Notenfiguren als Nachdruck, mehr eine gemilderte als hervorstechende Stärke des Klanges und mehr abgestoßene und zierliche als getragene und aneinandergeschleifte Noten. Und wenn auch das Markierte nicht ausgeschlossen ist, so erhebt es sich jedoch nicht zum Leidenschaftlichen, sondern überschreitet nicht die Grenzen des Munteren oder Launenhaften. Demnach ist das Tempo zwar schnell, aber mehr leicht fließend als leidenschaftlich oder feurig.

Seine eigentliche Bedeutung hat das Scherzo erst in neuester Zeit gewonnen, die Benennung kommt schon früher vor. Bei Bach zum Beispiel, in der III. Partite des 1. Teils der Clavierübungen [sic], findet sich ein solcher, aus zwei Wiederholungsteilen bestehender, Scherzo genannter Satz, der sonst aber nicht gerade viel zu bedeuten hat. Außerdem dient das Wort Scherzando als Vortragsbezeichnung für Sätze von vorhin erklärtem Charakter, häufig mit Allegretto oder Allegro verbunden, und wird auf Tonstücke von jeder beliebigen Form angewendet.

In der modernen Sonatenform aber erlangte das Scherzo eine hervorragende Geltung, indem es von Beethoven an die Stelle der bis dahin ausschließlich, später zwar auch noch aber doch weniger, gepflegten Menuett gesetzt und zu einer an Inhalt und Umfang bedeutungsvollen Form ausgebildet wurde. Die [sic] Menuett, wenn auch von Haydn und Mozart und früher schon von Bach in vollkommenen Beispielen hingestellt, konnte doch eine ähnlich Freiheit in der Gestaltung nicht erreichen wie das Scherzo. Denn wenngleich in der Suite und Symphonie vom bedingten Zwecke, zum Tanze aufgespielt zu werden, abgelöst und freier behandelt, blieb sie doch immer an die Tanzform gebunden. Das Scherzo schließt dieser zwar ebenfalls sich an, doch nur in Betreff der allgemeinen Umrisse. Es bildet in den zyklischen Formen, je nach Absicht des Komponisten, den zweiten oder dritten Satz, je nachdem es entweder die etwa leidenschaftliche Bewegung des ersten Satzes durch Scherz und Humor so weit zu mildern hat, dass das Gefühl sanfteren Stimmungen im Adagio zugänglich wird, oder die etwaigen Empfindungen des Schmerzes und der Trauer im Adagio durch Witz und Munterkeit verscheuchen und das Gemüt wiederum zu lebhafterer Bewegung im letzten Satz anregen soll.

Mit weiteren Aufzählungen solcher Möglichkeiten würde aber nichts erreicht, es sind auch im Artikel Sonate und Zyklische Formen einige Andeutungen über die Geltung des Scherzo und seinen Verhalt zu den übrigen Sätzen gegeben. Genug, es hat die wichtige Aufgabe, Stimmung und Tonbewegung der beiden Sätze, zwischen denen es steht, zu vermitteln. Der modernen Symphonie, welche eine noch strengere organische Entwicklung beansprucht als die Sonate, fehlt es daher niemals, oder es wird wenigstens durch die Menuett oder einem Satz von ähnlichem Charakter vertreten. In der Sonate hingegen, welche nicht selten aus nur drei oder gar nur zwei Sätzen besteht, bleibt es in solchen Fällen fort. – Ein allgemeiner Formumriss des Scherzo ist ebenfalls unter Sonate (der dritte Satz) zu finden. [Dommer Musikalisches Lexicon 1865, 744f]

Scherzo (1840)

Scherzo (italienisch, Plural: Scherzi), ein Tonstück von fröhlichem Charakter, in welchem der Humor ein mutwilliges Spiel treibt mit Gemütsregungen und musikalischen Formen.

Eins der Scherzi, in welchem der sprühenden Genialität die hellsten Blitze entfahren, ist das der Beethovenschen neunten Sinfonie[Gathy Encyklopädie Musik-Wissenschaft 1840, 400]

Scherzo (1879)

Scherzo (italienisch, sprich: Skerzo), ein munteres, oft bis zur Ausgelassenheit sich steigerndes oder auch im neckenden und humoristischen Charakter gehaltenes Instrumentalstück, entweder eine für sich stehende Komposition oder den zweiten oder dritten Satz eines in der zyklischen Sonatenform geschriebenen Werkes (wie z. B. eines Quartetts, einer Sinfonie etc.) bildend. Im ersten Falle kann sich das Scherzo jeder üblichen Form bedienen, in letzterem jedoch gibt man ihm die schon durch Menuett und Passepied bekannte, aus vier Reprisen bestehende Form, deren erster und zweiter Teil nach Beendigung der dritten und vierten (welche das Trio bilden) noch einmal wiederholt wird.

Das Scherzo steht meist im 3/4- oder 6/8-Takt, seltener im 2/4-Takt. Zwar findet sich schon in der dritten Partita J. S. Bachs ein aus zwei Reprisen bestehendes Klavierstück, welches "Scherzo" betitelt ist, und auch J. Haydn und Mozart haben in ihrer Kammermusik unter dem herkömmlichen Titel "Menuet" [sic] schon Scherzos geliefert, insofern beide Meister von dem für die Menuett charakteristischen Rhythmus vielfach abwichen; dennoch ist erst Beethoven als Erfinder des Scherzo zu betrachten.

Scherzi musicali war in älterer Zeit die übliche Bezeichnung für weltliche Lieder. Scherzino, ein kleines heiteres Tonstück. [Riewe Handwörterbuch 1879, 231]

Scherzo, Scherzando (1802)

Scherzo, Scherzando, scherzhaft. Dieser Charakter eines Tonstückes verlangt bei dem Vortrage mehr Rundung in der Ausführung der Notenfiguren als Nachdruck, mehr eine gemilderte als sehr hervorstechende Stärke des Tones und mehr abgestoßene als aneinander geschleifte Noten. [Koch Musikalisches Lexikon 1802, 1296]