Alt (1929)

Alt.
1) Altstimme (ital. Contr'alto, Alto, französisch: Haute-contre, bei lateinischer Bezeichnung der Stimmen: Altus, Vox alta oder Contratenor), die tiefere der beiden Arten der Frauen- und Knabenstimmen, welche den Schwerpunkt im Brustregister hat. Der Normalumfang der wirklichen Altstimme reicht von klein a, beim tiefen Alt von f (ausnahmsweise von e, d) bis e", f" (bei umfangreichen Stimmen aber höher).

Historisch und satztechnisch ist die Altstimme die erst im 15. Jahrhundert beim Übergang von der normalen Dreistimmigkeit zur normalen Vierstimmigkeit hinzukommende. Die ersten Versuche der Mehrstimmigkeit im 9.-11. Jahrhundert (Organum, Diaphonie) improvisierten zu den kirchlichen Melodien eine in wechselnden Abständen sie begleitende zweite Stimme, die zuerst gewöhnlich tiefer lag als die Hauptstimme (der Tenor). Erst der französische Déchant des 12. Jahrhunderts legte die Gegenstimme durchweg höher (Discantus), der wohl ebenso alte englische Fauxbourdon (siehe dort) brachte sogar zwei über dem Tenor sich bewegende Gegenstimmen. Dagegen stützte die Florentiner Ars nova des 14. Jahrhunderts die frei erfundene Oberstimme (Cantus) durch einen die Harmonie fundamentierenden Bass, und die Kunst der Epoche der Rondeaux und Balladen um 1400 (bis zu Binchois und Dufay) fügte als dritte Stimme den Contratenor hinzu, der den Satz füllend und ergänzend bald über bald unter dem Tenor sich bewegte und beim Übergang zur Vierstimmigkeit (durch Dufay) sich in den Contratenor altus (Alt, Haute-contre) und Contratenor bassus (Bass, Basse-contre) spaltete. Da aber in dieser älteren Literatur (bis zur Zeit Ockeghems) gewöhnlich nur eine Stimme und auch diese oft nur teilweise zum Singen bestimmt ist, so sind die Umfänge dieser Stimmen nicht denen der Singstimmen entsprechend, welche wir heute mit diesem Namen belegen. Erst die Durchführung des A-cappella-Stils gegen Ende des 15. Jahrhunderts stellte diese Beziehung her, nur blieb die Altstimme noch lange für eine Männerstimme berechnet (Tenorlage) und nur der Diskant wurde durch Knaben gesungen. Vielfach sind aber auch die Sopranstimmen von falsettierenden Männern (Alti naturali) oder aber Kastraten gesungen worden. In England ist für das Singen von Glees (siehe dort) das Falsettieren der hohen Stimme noch heute gebräuchlich.

2) Altinstrumente heißen Instrumente, deren Tonlage eine Quart oder Quint unter Normalinstrumenten sich befindet (Altviola, Altklarinette usw.); Alt bei der Familie der Hörner, Trompeten, Posaunen die, deren zweiter Naturton klein f oder es ist. [Einstein/Riemann Musiklexikon 1929, 33]