Musiklexikon: Was bedeutet Ballade?

Ballade (1882)

Ballade (italienisch: Ballata, französisch: Ballade, englisch: Ballad), ursprünglich so viel wie Tanzlied (von italienisch: ballo, "Tanz"); die Bedeutung einer episch-lyrischen Dichtung, ausgestattet mit sagenhaften, phantastischen Zügen, hat die Ballade in Schottland und England gewonnen. Die Bekanntschaft mit den schottischen Balladen veranlasste Ende des vorigen Jahrhunderts [des 18. Jh.] unsere großen Dichter zu ihren Balladendichtungen, ohne dass sie aber zwischen Romanze und Ballade eine durchgeführte Unterscheidung machten. Die musikalische Form der Ballade ist eine noch unbestimmtere als die poetische. Gesangstücke heißen Balladen, wenn sie erzählend gehalten sind. Dichtungen, welche die Poetiker zweifellos zu den Romanzen rechnen, sind als Gesangstücke ebenso unzweifelhaft Balladen. Die Ballade ist nach heutigem Gebrauch eine erzählende Dichtung, die für eine Sologesangstimme mit Klavier- oder Orchesterbegleitung gesetzt ist. Wird sie musikalisch breiter ausgeführt mit Chören, verschiedenen Soli etc., so heißt sie schon nicht mehr Ballade (wenn auch einige Komponisten die Bezeichnung in solchen Fällen gebraucht haben). Um die Unklarheit des Begriffs vollständig zu machen, hat sich auch die reine Instrumentalmusik des Namens Ballade bemächtigt, und wir haben daher jetzt Klavierballaden, Violinballaden, Orchesterballaden etc., die halb und halb zur Programmmusik gerechnet werden müssen, weil sie sich so geben, als habe sich der Komponist etwas Bestimmtes dabei gedacht. Doch dürfte es immerhin einige Schwierigkeiten machen, für Chopins Balladen nachzuweisen, warum sie diesen Namen führen. Es wäre zu wünschen, dass die Komponisten den Namen Ballade für in Musik gesetzte Balladendichtungen reservierten (auch für solche, die als Chorwerke behandelt sind) und höchstens auf Instrumentalwerke mit Programm ausdehnten. [Riemann Musik-Lexikon 1882, 65]

Ballade (1879)

Ballade, italienisch: Ballata (von ballare [tanzen]). Seit dem 12. Jahrhundert in Italien ein der Form nach rein lyrisches Gedicht geringen Umfangs, welches mit dem Sonett und dem Madrigal (siehe dort) verwandt war und in der Regel Liebesklagen zum Inhalt hatte. Die Ballade nahm später den Charakter der episch-lyrischen Poesie an und bemächtigte sich der Volkssage. Der Form nach bestand sie aus drei Strophen mit gleichen wiederkehrenden Reimen und demselben Refrain am Ende. Aus dieser Form hat sich das, was man seit dem Ende des 18. Jahrhunderts in Deutschland Ballade zu nennen pflegt, herausgebildet.

Als erzählendes Lied hat die Ballade mit der eigentlichen spanischen Romanze die größte Ähnlichkeit. Sie verlangt als Lied eine kürzere, einfachere Handlung, als das eigentliche epische Gedicht, einen meist ernst-düsteren Charakter und eine schnellere Darstellung. Zum Vortrag der Ballade, besonders mit Musikbegleitung, gehört auch die lyrische Versart oder die Ausbildung der Strophen. Vormals wurde die Ballade tanzend und gestikulierend abgesungen. [Riewe Handwörterbuch 1879, 28]