Faux bourdon (1882)
Faux bourdon (französisch, italienisch: Falso bordone, englisch: Fa-burden),
- eine der ältesten Formen der Mehrstimmigkeit des Gesangs, welche zuerst in England aufkam; wie alt dieselbe ist, konnte bisher [um 1880] nicht festgestellt werden. Der um die Wende des 14.-15. Jahrhunderts zu setzende Guilelmus Monachus, dessen Traktat "De praeceptis artis musicae …" bei Coussemaker ("Script.", III, 273ff.) abgedruckt ist, gibt eine umständliche Beschreibung des Faux bourdon (faulx bordon), nennt ihn "apud Anglicos communis", d. h. etwas in England Allbekanntes. Der Faux bourdon war dreistimmig, und zwar wurde zum Cantus firmus des Gregorianischen Gesangs (Tenor) eine Parallelstimme in der Oberterz geschrieben (Kontratenor), die aber in der Quinte anfing und schloss, und eine in der Unterterz, die im Einklang begann und schloss; letztere Stimme wurde aber eine Oktave höher gesungen, als sie geschrieben stand, d. h. sie fiel dem Sopran anheim:
- Später verstand man unter Faux bourdon eine schlichte Harmonisierung des Cantus firmus, zwar nicht, wie früher, in steter Parallelbewegung, aber doch überwiegend oder ausschließlich Note gegen Note in konsonanten Akkorden, im 17. Jahrhundert einen jedenfalls nach ähnlichen Regeln improvisierten, aber mit Trillern und Koloraturen aufgeputzten Contrapunto alla mente.
Die Bezeichnung Falso bordone für den Sprechton der Psalmodie, welche ganze Sätze bis gegen den Schluss hin in einer Tonhöhe hält, stammt jedenfalls von dem bordone (bourdon, siehe Bordun) der Drehleier und Sackpfeife her, der Zusatz falso ist daher überflüssig. [Riemann Musik-Lexikon 1882, 255]