Divertimento, eine Gattung von Tonstücken für mehrere, in der Ausführung aber nur einfach besetzte Instrumente, zu Anfang der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, nachdem die Liebhaberei an Suiten und Partiten abgenommen hatte, stark in Gebrauch. Gleich den letzteren besteht es aus mehreren Sätzen. Es finden sich deren vier, und zwar ganz nach Reihenfolge unserer modernen Symphonie, aber auch fünf, sechs oder sieben, nach Art der Kassation oder Serenade, mit der das Divertimento viel Ähnlichkeit hat und auch hinsichts der erwähnten, bei der Kassation wenigstens ursprünglich ebenfalls üblichen, einfachen Besetzung der Instrumente übereinkam.
Die Sätze sind Adagios, Andantes, Allegros, Rondos, Menuetten etc., doch weder so breit ausgeführt, noch in einem ähnlichen inneren Zusammenhang stehend als in unserer modernen Sonate. Mehrenteils haben sie nicht einmal einen bestimmten Charakter, sondern sind nur Tongemälde, die mehr auf Ergötzung des Ohres und leichte Unterhaltung als auf Ausdruck einer bestimmten Empfindung mit ihren Modifikationen Anspruch machen dürfen.
Die Schreibart ist zuweilen polyphon wie in den Suiten und mehrstimmigen Kammermusiken, meist aber homophon und ohne weitere künstliche [künstlerische] Durchbildung, eine ans Konzertierende streifende Behandlung der Oberstimme ist nicht selten. Man pflegte das Divertimento entweder für Streich- und Blasinstrumente vermischt, oder für Blasinstrumente (Harmoniemusik) allein zu setzen.
Eigentlich das selbe wie Divertimento ist das Divertissement. Doch gab man in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts [18. Jh.] den letzteren Namen nur Klavierstücken, die übrigens aus einer Anzahl mit Tänzen untermischter Sätze, meist in leichter und mehr auf glänzende Entfaltung der Technik als tiefen Gehalt hinzielender Schreibart bestanden und deshalb auch häufig insbesondere als Übungsstücke dienten.
Seit Ausbildung unserer mehrsätzigen Sonate und des Streichquartetts sind Divertimento und Divertissement gänzlich verschwunden. Wir haben auch nichts daran verloren, denn beide waren nicht weiter entwicklungsfähig und zur Aufnahme eines tieferen Inhaltes wenig geeignet. [Dommer Musikalisches Lexicon 1865, 242]