Musiklexikon: Was bedeutet Ricercar?

Ricercar (1882)

Ricercar (italienisch, Ricercare, Ricercata, sprich: …tscher…), älterer Name der Fuge, schon zu einer Zeit, wo sich deren Form erst herauszubilden anfing. Er kommt im 16. Jahrhundert für Gesangstücke vor, die in der damals üblichen Weise imitatorisch kontrapunktisiert sind, und unter den Erstlingen der Klavier- und Orgelkomposition finden wir Ricercari von noch freierer Faktur, die ebenso gut Toccate oder Fantasie, Capricci oder Sonate heißen könnten.

Später verstand man unter Ricercar eine besonders kunstvoll gearbeitete Fuge mit Augmentationen, Inversionen etc.

Der Wortsinn von Ricercar ist: suchen (das Thema), immer wieder aufsuchen. Bach bezeichnete anagrammatisch sein "Musikalisches Opfer" (Fugen, Kanons etc. über ein von Friedrich dem Großen gegebenes Thema) als Ricercar, nämlich "Regis Iussu Cantio Et Reliqua Canonica Arte Resoluta". [Riemann Musik-Lexikon 1882, 764]

Ricercata, Ricercare (1865)

Ricercata, Ricercare.

  1. Meisterfuge, Kunstfuge; eine künstlich [künstlerisch] gearbeitete Fuge, in welcher verschiedene Arten des doppelten Kontrapunktes, Gegenbewegung, kanonische Führungen der Stimmen etc. in Anwendung kommen. Siehe Fuge.
  2. In der alten Orgel- und Klaviermusik ist das Wort sehr häufig vorkommende Benennung phantasie- oder toccatenartiger Tonstücke, hat hier also mit der strengen Fuge nichts zu tun, sondern bezieht sich darauf, dass der Spieler in solchen Tonstücken die Gedanken, welche er nachher in dem eigentlichen Hauptstücke ausführen will, präludierend zu suchen (ricercare) und zu sammeln scheint. Vergl. Brossard, Lexikon [Dictionnaire de musique, 1703].

[Dommer Musikalisches Lexicon 1865, 732]