Phrygische Tonart, phrygischer Schluss (1882)
Phrygische Tonart,
1) bei den Griechen, siehe Griechische Musik.2) Als mittelalterliche Kirchentonart die Skala
e^f g a h^c d e(ohne Vorzeichen).
Der phrygische Schluss war für die letzten Jahrhunderte [in Hugo Riemanns Retrospektive des 19. Jahrhunderts] der ewige Verlegenheitsmacher, da man harmonische Auffassungen in diese Tonreihen hineingetragen hatte, welche ihnen zur Zeit der homophonen Musik, welcher die Gregorianischen Melodien angehören, absolut fremd waren. Bekanntlich entspricht die phrygische Tonart der dorischen der Griechen, das heißt, wie wir jetzt wissen, der Skala des reinen Mollgeschlechts (siehe Molltonleiter), welche die umgekehrten Verhältnisse der Durtonleiter aufweist, d. h. der tonische Akkord der Skala ist nicht der E-Moll-Akkord, wie man annahm, sondern der A-Moll-Akkord, dessen Hauptton im Sinn der neueren Theorie des Moll nicht a, sondern e ist. Der Schluss f-e entspricht daher vollständig dem h-c der C-Dur-Tonart, und wie diese mit G-Dur - C-Dur zu harmonisieren ist, so jener mit D-Moll - A-Moll (1). Statt dessen suchte man vergeblich nach einem guten Schluss zum E-Moll-Akkord, der ohne Erhöhung von f und d nicht möglich war, und da man mit Recht das f als conditio sine qua non der Tonart ansah, so verfiel man schließlich auf den Halbschluss D-Moll - E-Dur (2), der in der Tat dem Geiste der Tonart nicht widerspricht, aber nur kein Schluss ist:
[Riemann Musik-Lexikon 1882, 700]