Niederländische Schule (1840)

Niederländische oder Belgische Schule. Schon der älteste bekannte Schriftsteller, der Versuche mehrstimmiger Musik anstellte, war ein Niederländer, Hucbald, Mönch zu St. Amand. Im 14ten Jahrhundert traten unter den Theoretikern und Lehrern die Niederländer als die vorzüglichsten auf. Im 15ten und 16ten Jahrhundert, dessen Schluss zugleich den Schluss dieser Epoche herbeiführte, verbreitete sich ihr Ruhm über ganz Europa. Die meisten wurden auf längere oder kürzere Zeit nach Italien berufen, um dort für ihre Kunst zu wirken. Durch Niederländer kamen um 1380 bis 1400 die ersten im Kontrapunkt geschriebenen Messen nach Rom. Dufay war um diese Zeit bei der päpstlichen Kapelle angestellt; Josquin wurde selbst päpstlicher Kapellmeister; Goudimel (aus Besonçon) wurde Stifter der Römischen Schule und Lehrer Palestrinas; Willaert der Stifter der ausgezeichneten Musikschule in Venedig; und so sind vom hochberühmten Ockenheim, dem Stammvater der niederländischen Schule und Begründer einer neuen Ära in der Musik, an, bis zum hochberühmten Orlandus Lassus, in dem Zeitraum etwa von 1450 bis 1590, aus dieser Schule diejenigen Meister hervorgegangen, welcher die Welt die ersten, in ihrer Art vollkommenen Werke des höheren Kontrapunkts geliefert, diese Kunst zuerst und unmittelbar durch Unterricht und Muster den übrigen zivilisierten Nationen mitgeteilt haben, kurz als die Schöpfer und vorzüglichsten Verbreiter der höheren Tonkunst zu betrachten sind. (Vergleiche Kiesewetters und Fétis Preisschriften).

Auch in neuester Zeit scheint sich der Genius der Musik auf Belgien niederlassen zu wollen; viele der ausgezeichnetsten Virtuosen in Paris sind geborene Belgier. Vergleiche auch Holland. [Gathy Encyklopädie Musik-Wissenschaft 1840, 327]