Guitarre, lat.: Fides, Chelys; franz.: Guitare, ital. Chitarra, span. Guitarra. Ein allgemein bekanntes Saiteninstrument, welches seinen Ursprung der Cither verdankt und zur Gattung der Lauteninstrumente (siehe Laute) gehört, sich aber hinsichtlich des Äußern merklich von denselben unterscheidet. Das Corpus der Guitarre gleicht nämlich mehr dem der Bogeninstrumente [Streichinstrumente], ist aber nicht gewölbt, sondern mit flachem Boden und flacher Decke versehen, hat auch nach dem Verhältnis der Größe eine höhere Zarge, und die Resonanzdecke keine F-Löcher, sondern in der Mitte ein rundes Schallloch. Der Hals ist breit und mit Bunden versehen, welche aus quer über das Griffbrett eingefugten Stäbchen von Elfenbein bestehen. Oben an dem Halse befindet sich anstatt des Wirbelkastens ein flaches, rückwärts gerichtetes Brettchen, in welchem die Wirbel laufen. Unten ander Decke ist der Sattel angeleimt, in welchen die Saiten gehängt werden, die über das Griffbrett hinauf in das Wirbelbrett laufen. Die Wirbel werden in dieses Brett entweder von hinten hineingesteckt, oder befinden sich an den Seiten, wie bei der Violine. Um das Zurückgehen der Wirbel, also das Verstimmen, zu vermeiden, hat man auch bei einigen Instrumenten die Vorkehrung getroffen, dass anstatt der Wirbel eiserne Schrauben von oben herein in das hohle Wirbelbrett laufen, welche an der äußeren Seite messingene Köpfchen haben, in denen Spalten zum Einhängen der Saiten gefeilt sind, um dieselben vermittelst eines kleinen Schlüssels daran auf und nieder zu winden.
Das Instrument ist mit sechs Saiten bezogen, welche in G [sic! muss lauten: E], A, d, g, h, e' gestimmt werden. Bei Tonstücken, die aus F oder B gehen, stimmt man auch die tiefste Saite in F, damit man nicht nötig habe, den Daumen der linken Hand zum Greifen dieses Tons zu gebrauchen, was für eine kleine Hand Schwierigkeiten hat. Doch hat man auch Instrumente mit fünf Saiten: A, d, g, h, d'. Die vier höheren sind gewöhnlich Darmsaiten, die beiden tieferen aus Schlußseide und mit Silberdraht übersponnen. Sie werden, indem die linke Hand die Töne greift, mit den vier Fingern der rechten, während der kleine Finger auf der Oberdecke ruht, wie bei der Laute gerissen [gezupft], und das Instrument, an einem über die Schulter gezogenen Bande hängend, unter dem rechten Arme gehalten.
Die Guitarre eignet sich vorzüglich zur Begleitung des einfachen Gesanges und ist als solches bereits seit zwei Jahrhunderten - und zwar vorzüglich und am häufigsten in Spanien und Italien - benutzt worden. Diese beiden Nationen haben es zu einer großen Vollkommenheit auf diesem Instrumente gebracht und wenden dasselbe nicht nur zur Begleitung ihres Gesanges an, sondern tragen sogar ganze obligate Tonstücke, Sonaten, Variationen u. dergl. darauf vor. Nicht minder Fugen. Auch in Deutschland hat man, besonders in neueren Zeiten, einige Virtuosen auf der Guitarre gesehen, unter denen der Musikdirektor Stoll gegenwärtig wohl einer der ausgezeichnetsten ist.
Um den Anschlag gleichmäßiger und vollklingender und es der rechten Hand bequemer zu machen, brachte ein deutscher Künstler, zu London, eine Art von Claviatur von sechs Claves bei diesem Instrumente an, deren Tangenten aus dem Corpus heraus durch das Schallloch an die Saiten schlagen. Er nannte diese Gattung Fortepiano- oder Tastenguitarre. Diese Claves werden mit den Fingern der rechten Hand behandelt, während die der linken die Saiten wie bei der gewöhnlichen Guitarre drückt.
In den Jahren 1820-30 baut man zuerst in Frankreich, dann auch in Deutschland, Guitarren in Form einer Lyra, die mit einem Griffbrett versehen waren und Lyraguitarren heißen. Bezug und Behandlung sind übrigens mit den gewöhnlichen Guitarren übereinstimmend. Auch erfand der Musikdirektor Birnbach in Berlin eine Bogenguitarre.
Guitarre-Schulen hat man von Doisy, Caruuli [sic], Bornhardt, Giuliani, Sor etc. [Gathy Encyklopädie Musik-Wissenschaft 1840, 186f]