Bariton, Baritono, Baryton (1882)

Bariton (ital. Baritono, Baryton),

  1. die schönste aller männlichen Stimmgattungen, welche die Würde und Kraft der Baßstimmme mit dem Glanz der Tenorstimme vereinigt, also ein Mittelding zwischen Tenorstimme und Baßstimme; je nachdem sie mehr nach der Höhe oder nach der Tiefe ausgedehnt ist, unterscheidet man einen Tenorbariton und Baßbariton. Der Tenorbariton ist vom Heldentenor schwer oder gar nicht zu unterscheiden, wenigstens sind viele Heldentenore nichts andres als Baritonstimmen, welche nach der Höhe hin besonders ausgebildet worden sind. Der Name Bariton bedeutet eigentlich "tieftönend", ist also offenbar im Hinblick auf den höheren Tenor gewählt. Die Franzosen nennen ihn basse-taille, d. h. tiefer Tenor, was dem völlig entspricht, oder concordant (übereinstimmend), vermutlich, weil er sich sowohl mit den Tenoren als den Bässen hinsichtlich der Stimmlage ungefähr in Übereinstimmung befindet (A-fis', resp. G-g'). In neuerer Zeit schreiben die Opernkomponisten gern für Bariton Hauptpartien, was gewiss nicht zum kleinsten Teil seinen Grund in der Seltenheit guter und gebildeter Tenore hat.
  2. Ein Streichinstrument, das jetzt veraltet ist, aber im vorigen Jahrhundert sich großer Beliebtheit erfreute (ital. Viola di Bordone oder Bardone [siehe Baryton]). Dasselbe hatte die Größe des Cello (resp. der Gambe) und war seiner Konstruktion nach das Baßinstrument der Viola d'amour, sofern es sieben Saiten hatte, unter denen aber (unterm Griffbrett) noch eine Anzahl andrer (9-24 Stahlsaiten) lagen, welche, wenn das Instrument gespielt wurde, mittönten, auch wohl mit dem Daumen der linken Hand gerissen wurden. Die Stimmung der obern Saiten war: H E A d f h e'. Fürst Nikolaus Esterhazy, Haydns Gönner, war ein großer Liebhaber dieses Instruments, und Haydn hat daher eine große Anzahl von Kompositionen (175) für dasselbe geschrieben (125 Divertissements für Bariton, Bratsche und Cello, 6 Duos für zwei Baritons, 12 Sonaten für Bariton und Cello, 17 Kassationen etc.). Die Mehrzahl derselben ist durch eine Feuersbrunst zerstört, gedruckt ist nichts davon. Auch mehrere andere zeitgenössische Komponisten haben für Bariton geschrieben (F. Paër, Weigl, Eyble, Pichel etc.). Das Instrument wurde schon im 17. Jh. gebaut, z. B. von A. Stainer (1660).
  3. Ein Blechblasinstrument (Baritonhorn), das seines weichen, vollen Tons wegen auch "Euphonium" genannt wird, hat, wenn es in C steht, einen Umfang vom (großen) C bis zum (eingestrichenen) b' oder, wenn es in B steht, (in letzerem Fall auch Tenortuba genannt), vom Kontra-B bis zum (eingestrichenen) as'. Das Instrument ist in den deutschen Militärmusiken eingeführt.
  4. In Zusammensetzung mit Namen von Instrumenten deutet Bariton auf die Tonlage derselben, z. B. Baritonhorn, s. oben; Baritonklarinette, s. Klarinette.

[Riemann Musik-Lexikon 1882, 70]