Arioso heißt überhaupt sangbar; man versteht aber darunter insbesondere einen Satz von langsamer Bewegung, dessen Melodie so sangbar und ausdrucksvoll ist, dass sie weiter keiner Verzierungen durch Setz- oder Spielmanieren bedarf.
Das Arioso macht besonders einen wichtigen Teil des Rezitatives und Akkompagnements aus. Wenn sich der Inhalt des Rezitativs zum Lyrischen erhebt, so dass es in einem kurzen Satze die Empfindung der Zärtlichkeit, der Wehmut, der feierlichen Andacht u. dgl. darstellt, so verwechselt dabei der Tonsetzer den gewöhnlichen Rezitativstil mit dem förmlichen Gesang und lässt solche Stellen entweder von der Singstimme, die von dem Basse unterstützt wird, allein oder auch in Begleitung mehrerer Instrumente vortragen, und ein solcher Satz wird im engeren Sinn des Wortes ein Arioso genannt. Ein solches Arioso muss alle Eigenschaften des ausdrucksvollen Gesanges in einem hohen Grade besitzen, weil die Darstellung einer solchen Empfindung dabei nicht so anhaltend und daher nicht so vieler Modifikationen fähig ist wie in der Arie, und weil sich gleichsam der ganze Umfang der Empfindung in einem solchen Satze konzentriert darstellen muss. Daher enthält es ebenso wenig viele melismatische Dehnungen als viele Wiederholungen der Worte, sondern es stellt den ganzen Inhalt und Ausdruck einer Arie im Kleinen vor. Ein solches Arioso tut, zumal bei lang anhaltenden Rezitativen, oft mehr Wirkung als eine ausgeführte Arie. [Koch Musikalisches Lexikon 1802, 163f]