Musiklexikon: Was bedeutet Portamento di voce?

Portamento di voce (1807)

Portamento di voce, das Tragen der Stimme. Mit diesem Ausdruck wird, im weiteren Sinne desselben, sehr oft das sanfte Zusammenschmelzen der Töne bei dem Vortrag kantabler Sätze bezeichnet, der Vortrag mag vermittelst der menschlichen Stimme oder vermittelst eines Instrumentes geschehen. Im engeren Sinne versteht man darunter ein gewisses Aneinanderschleifen zweier Töne vermittelst der Singstimme - wenn nämlich bei zwei langsam aufeinander folgenden Tönen von verschiedenen Stufen [Tonhöhen] der erste mit etwas wachsender Stärke vorgetragen und in einem Atemzuge gleichsam hinüber auf den folgenden Ton getragen wird. [Koch Handwörterbuch Musik 1807, 278]

Portamento, portamento di voce (1879)

Portamento (portamento di voce, italienisch), das Tragen, Verschmelzen eines Tones in den anderen, so dass jeder Ton in völliger Gleichheit der Stärke, Fülle und Rundung in den anderen gleichsam überfließt (wobei jedoch dem musikalischen Ohr die bestimmten Grenzen jedes Tones merklich bleiben) und mit ihm auf das Genaueste verbunden wird. Dies ist die größte Kunst des Gesanges. Nur der menschlichen Stimme ist es möglich, ein Portamento vollkommen auszuführen, doch sucht man es neuerdings [in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts] auch auf Saiten- und Blasinstrumenten hervorzubringen. Zum Portamento gehört notwendig ein langer Atem und ein rechtzeitiges Atemholen. [Riewe Handwörterbuch 1879, 208]

Portamento, Portar la voce (1865)

Portamento, Portar la voce, vorzugsweise dem Gesang angehörender, von da aber auch auf Instrumente herübergenommener Terminus, das Tragen der Stimme von einem Ton zum anderen, ein Aneinanderhängen oder Schleifen der Töne, gleichviel ob in stufen- oder sprungweiser Fortschreitung, das Legato.

Die Glottis bleibt bei dieser Vortragsart während des Überganges von einem Tone zum anderen geöffnet, der Luftstrom wird nicht unterbrochen. Beim Staccato hingegen findet zwischen den einzelnen Tönen momentane Schließung der Glottis, daher Intermittierung des Luftstroms statt. "Die Stimme tragen heißt, mit beständigem, an Stärke zu- und abnehmendem Aushalten, ohne Aufhören und Absetzen, eine Note an die andere schleifen", sagt Agricola (Anl. zur Singekunst nach Tosi, S. 220). Ein Crescendo oder Diminuendo braucht aber mit dem Portamento nicht immer notwendig verbunden zu sein, es kann ebenso gut auch mit vollkommen gleichmäßiger Klangstärke ausgeführt werden. [Dommer Musikalisches Lexicon 1865, 693]