Musiklexikon: Was bedeutet Homophonie?

Homophonie (1882)

Homophonie (griechisch), d. i. Einklang, wird jetzt [um 1880] als Gegensatz von Polyphonie für diejenigen mehrstimmigen Satzweisen gebraucht, bei welchem die Stimmen nur akkordisch geführt sind, so dass sie nur die Harmonie darstellen. Die einzelnen Stimmen repräsentieren im Sinne der eigentlichen Polyphonie, der wirklichen Mehrstimmigkeit, keine selbständigen Stimmen mehr, und daher erscheint die Bezeichnung für eine solche Schreibweise als Homophonie gar nicht so unbegründet. [Reissmann Handlexikon 1882, 208]

Homophonie (1865)

Homophonie, homophonische [homophone] Setzart:
a) Bei den alten Griechen das Zusammensingen zweier oder mehrerer Stimmen im Einklang; denn Homophoni soni sind Klänge von gleicher Tonhöhe, Einklänge, qui nec gravitate nec acumine inter se differunt (Gaudentius).

b) Dem neueren Begriffe nach diejenige Schreibart, in welcher im Wesentlichen nur eine melodieführende Hauptstimme vorkommt, die übrigen Stimmen Begleitstimmen sind; oder auch mehrere Stimmen die Selbständigkeit von Hauptstimmen gewinnen, aber nur zeitweilig, ohne kontinuierlich festgehalten und durchgeführt zu werden, wie in der polyphonen Sehreibart (siehe Hauptstimmen).

Hierher gehören die Lieder, Arien, Instrumentalsoli mit und ohne Begleitung, Phantasien, ferner auch die Sonate, Symphonie, überhaupt alle Instrumental- und Vokalformen (falls sie nicht polyphon gearbeitet sind). Die Vielstimmigkeit ist es nach heutigem [um 1865] Begriff von der Polyphonie nicht, was den Unterschied zwischen ihr und der Homophonie ausmacht, sondern die Selbständigkeit der Stimmen. Nun sind zwar, auch in homophon genannten Tonstücken, die der Hauptmelodie untergeordneten Stimmen, wenn der Satz überhaupt Ansprüche auf Tüchtigkeit erheben will, stets sorgfältig durchbildet, melodisch und rhythmisch bestimmt, sprechend und den Charakter des Ganzen verdeutlichend, oft mit Anwendung künstlicher Kontrapunkte gearbeitet, so dass denn auch zeitweilig einzelne Nebenstimmen zu Hauptstimmen sich erheben. Doch wenn dies auch geschieht, zeitweilig auch in homophonen Sätzen mehrere gegeneinander kontrapunktierende Stimmen von gleicher selbständiger Bedeutung vorhanden sind, so werden sie doch nicht, als eine von vorneherein gegebene bestimmte Anzahl von Hauptstimmen, das ganze Stück hindurch ununterbrochen festgehalten, sondern sie werden wieder verlassen, sobald sie das Ihrige zum bestimmten und bedeutungsvollen Ausdruck der einen oder andern Periode getan haben, während in der Polyphonie alle Stimmen von vorneherein als Hauptstimmen auftreten und das ganze Stück hindurch ihren Charakter als solche nicht aufgeben. [Dommer Musikalisches Lexicon 1865, 429f]

Homophonie (1840)

Homophonie nannten die Griechen den von zwei oder mehreren Stimmen zugleich im Einklange vorgetragenen Gesang. Später wurde darunter ein Satz verstanden, in welchem nur eine Stimme den Charakter der Hauptstimme führt und von den anderen, welche die vollen Akkorde angeben, begleitet wird. Dieser homophonische oder auch monodische Satz ist von dem polyphonischen verschieden, in welchem mehrere Hauptstimmen sich vereinigen. [Gathy Encyklopädie Musik-Wissenschaft 1840, 218]