Musiklexikon: Was bedeutet Duett?

Vergleiche: Duo

Duett (1882)

Duett (ital.: Duetto, Diminutivform von Duo) nennt man heute [um 1880] besonders ein Gesangstück für zwei gleiche oder ungleiche Stimmen mit Begleitung eines oder mehrerer Instrumente. Das Duett nimmt in der Oper eine bedeutende Stelle ein (dramatisches Duett), hat aber dort keine definierbare Form, da dieselbe je nach der Situation sich verschieden gestaltet, aus Rede und Gegenrede besteht, arienartige Teile für die eine oder die andre oder beide Stimmen enthält oder auch als wirklicher Doppelgesang erscheint, durch Rezitative unterbrochen wird etc. Eine festere Gestaltung hat das kirchliche Duett, welches entweder nach Art der Arie angelegt ist und ein Da Capo hat, oder sich in konzertierendem Stil hält und fugiert gearbeitet ist. Duette der letzteren Art sind zum Beispiel in den Kirchenkonzerten Viadanas zu finden, Duette ohne Bass reichen noch weiter zurück und hießen im 16. Jahrhundert Bicinia. Zu besonderer Bedeutung gelangte das sogenannte Kammerduett zu Ende des 17. und in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts [18. Jh.] durch Agostino Steffani und G. C. M. Clari. In der Form ist dasselbe vom Kirchenduett nicht verschieden. Ein berühmtes kirchliches Duett ist Pergolesis Stabat Mater. Duette wie die Mendelssohns gehören der Liedform an; neuere Kompositionen haben geschmackloserweise vielfach Lieder, die dem Text nach nur für eine Stimme möglich sind und zwar für eine Männer- oder Frauenstimme, als Duette für Sopran und Tenor etc. gesetzt.

Instrumentalkompositionen für zwei verschiedene obligate Instrumente mit oder ohne Begleitung nennt man gewöhnlich nicht Duett, sondern Duo oder Konzert (Kammerkonzert), Sonate etc. und nur, wenn sie für zwei Instrumente derselben Art geschrieben sind, Duett (Violinduette, Flötenduette); bloß für zwei Klaviere schreibt man nicht Duette, sondern Duos. Korrekter wäre die Unterscheidung nach der Ausdehnung, Duo für größere, Duett für kleinere Werke. [Riemann Musik-Lexikon 1882, 227]

Duett, Duo (1879)

Duett, Duetto, Duettino (ital.), Duo (franz.), ein Tonstück, welches von zwei obligaten Stimmen oder Instrumenten ausgeführt wird. Das Gesangsduo in der bestehenden Form ist aus dem Arienstil entstanden und hat sich in ebenso vielen Hauptformen ausgebildet. Der wesentliche Unterschied liegt nur in der Verbindung zweier Gesangsstimmen, die nach dem poetischen Gehalt des Textes teils allein gehen, teils gleichzeitig in kantablen Tongängen und harmonischen Verbindungen sich ergießen. Sind die Gesangsstimmen konzertierend behandelt, d. h. wechseln die Stimmen ihre deklamatorischen Kantilenen und melismatischen Tonverbindungen gegenseitig aus, so müssen notwendig beide Stimmen durch eine gleichartige Gemütsbewegung affiziert sein; wollte man verschiedene Empfindungen durch gleiche und ähnliche Formen ausdrücken, so würde alle Charakteristik geopfert werden. Sollen daher zwei oder mehr Stimmen, die durch verschiedene Gemütsbewegungen angegriffen sind, zu gleicher Zeit nebeneinander auftreten, so müssen sie in eigenen Tonreihen und Rhythmen auftreten, welche sich aber in der Harmonie, als ihrem gemeinschaftlichen Mittelpunkt, vereinigen.

Das Duett kommt als reines Tonstück vor, kann aber auch durch eine Instrumentalbegleitung unterstützt und gehoben werden. Historisch betrachtet ward das Duett (wohl zu unterscheiden von dem viel älteren nur zweistimmigen Satz) zuerst um 1600 in den Kirchenmusiken und in der Oper zu Rom eingeführt. Das Instrumental-Duett (vorzugsweise Duo) kann, obgleich ihm die spezielle Bestimmtheit des Wortausdrucks fehlt, dieselben ästhetisch-physiologischen Forderungen erfüllen. [Riewe Handwörterbuch 1879, 80]