Musiklexikon: Was bedeutet Romanze?

Romanze, Romance (1882)

Romanze (französisch, englisch, spanisch: Romance), abgeleitet von "roman", welches Wort von Haus aus nichts weiter bedeutet als eine Dichtung in romanischer (provenzalischer) Mundart zum Unterschied von lateinischen Versen. Beide sind erzählend und haben besonders galante Abenteuer zum Objekt. Ein "roman", wie wir sie aus dem 12.-13. Jahrhundert haben, ist nichts andres als eine länger ausgeführte Romanze, ein Romanzenzyklus.

Die [um 1880] heutige Poetik versteht unter Romanze ein episch-lyrisches Gedicht wie die Ballade. Während es aber in der Ballade in der Regel die Natur oder eine personifizierte Naturmacht ist, welche dem Menschen gegenübersteht, sind die Sujets der Romanze mit Vorliebe dem Ritterleben entlehnt.

Die französische "romance" ist heute das sentimentale Liebeslied, während die "chanson" pikanter, feiner pointiert ist und häufig einen humoristischen Anflug hat. Als Instrumentalform ist Romanze etwas ebenso Unbestimmtes und Dehnbares wie Ballade. [Riemann Musik-Lexikon 1882, 778]

Romanze (1882)

Romanze, ursprünglich eine Form der episch-lyrischen Dichtung. Sie steht der eigentlichen Lyrik am nächsten, insofern als bei ihr das Hauptinteresse weniger auf dem Ereignis, das ihr zu Grunde liegt, beruht, als vielmehr auf dessen ethischer Grundlage. Die Erzählung jenes Ereignisses ist mehr Nebensache. Diese wird nur gewählt, um irgendeinen Zug seelischen Lebens darin zu verkörpern. Ihr ist die Darlegung der lyrischen Stimmung, welche das betreffende Ereignis hervorruft, Hauptzweck, und sie berücksichtigt den Vorgang nur soweit, als er diesen Hauptzweck unterstützt.

Die Romanze ist daher auch mehr auf lyrische Weisen und die Geschlossenheit der äußeren Gestaltung des Liedes angewiesen. Die musikalische Behandlung der Romanze unterscheidet sich daher wenig von der des Liedes, weder im Volksgesang, noch im Kunstgesang. Sie steht mitten inne zwischen dem Lied und der Ballade. Ganz so eng geschlossen in der Form wie jenes, gewinnt sie doch mehr den ruhigeren, gewichtigeren und meist düstern Ton der Ballade, wie eben die Erzählung fordert, ohne dass er bis zu jener dramatischen Gewalt der Ballade gesteigert wird. Wie das Lied, so wurde dann auch die Romanze zur selbständig instrumentalen Form herausgebildet. [Reissmann Handlexikon 1882, 446f]

Romanze (1802)

Romanze (Romance), ist ursprünglich ein Lied, welches in einer lyrischen Versart die Erzählung einer tragischen oder verliebten Begebenheit enthält und in einen höchst naiven und einfachen Stil eingekleidet ist. Die Melodie zu einem solchen Lied muss ebenfalls aus einem ungekünstelten, aber naiven und rührenden Gesang bestehen, der aber ursprünglich keine völlig bestimmte Form hat, die sich eigentlich bloß nach der Beschaffenheit des Baues der Strophen richtet.

Weil der ungekünstelte und naive Ausdruck trauriger oder sich auf Liebe beziehender Empfindungen, insofern er in dem erzählenden Ton erscheint, sich sehr schicklich in die Form des Rondo biegen lässt, so ist man gewöhnt, diejenigen Instrumentalstücke von langsamer Bewegung und von dem angezeigten Charakter, die in einer ungekünstelten und naiven Schreibart gesetzt und in die Form des Rondo oder in eine nur wenig davon verschiedene Form eingekleidet sind, Romanzen zu nennen. [Koch Musikalisches Lexikon 1802, 1271]