Musiklexikon: Was bedeutet Partiturlesen?

Partiturlesen, Partiturspielen (1882)

Partiturlesen und Partiturspielen (auf dem Klavier) sind Fertigkeiten, welche einem guten Dirigenten unerlässlich und jedem guten Musiker notwendig sind. Dieselben sind natürlich nur durch anhaltende Übung zu erwerben, am schnellsten und sichersten durch methodisches Vorgehen von leichteren zu schwereren Aufgaben. Der Anfang ist etwa mit partiturmäßig notierten a-capella-Chorgesängen zu vier Stimmen zu machen, zunächst mit solchen, in denen der Tenor im Violinschlüssel (eine Oktave zu hoch) notiert ist, sodann mit leichteren Streichquartettsätzen. Einen passenden Übergang zu den einfachsten Orchesterpartituren bilden sodann Divertissements, in denen transponierende Instrumente beschäftigt sind (Hörner, Klarinetten). Auch gewöhnliche Transponierübungen (vom Blatt am Klavier) sind höchst fördernd. Geteiltes Partiturspiel an mehreren Klavieren ist sehr zu empfehlen (ein Spieler für das Streich-, einer für das Holzblasorchester und einer für das Blech und die Pauken). [Riemann Musik-Lexikon 1882, 678f]

Partiturlesen (1882)

Partiturlesen ist die Fähigkeit, aus der Partitur, ohne dass die einzelnen Stimmen gespielt werden, das darin aufgezeichnete Tonstück sich im Geiste vorzuführen. Außer den Kenntnissen, die überhaupt zum Notenlesen gehören, muss derjenige, der Partitur lesen will, mit der Einrichtung einer solchen ganz vertraut sein. Weil die einzelnen Instrumente und Singstimmen in verschiedenen Schlüsseln geschrieben sind, ist natürlich Kenntnis dieser erste Hauptbedingung. Einzelne Instrumente aber, wie die Klarinetten, Hörner, Bassklarinette, englisches Horn, Trompeten, Pauken haben verschiedene Stimmungen, so dass sie beim Partiturlesen transponiert werden müssen. Einzelne wieder werden 16füßig behandelt, wie die Hörner und der Kontrabass, was beim Partiturlesen gleichfalls berücksichtigt werden muss. Ferner ist zu beachten, dass die Chöre abwechselnd, bald als Hauptchor, bald als Nebenchor auftreten. Bei Berücksichtigung all dieser Umstände wird man sich erst ein Bild von der ganzen Struktur des Tonstücks machen können. [Reissmann Handlexikon 1882, 366]