Musiklexikon: Was bedeutet Englischhorn?

Englisch Horn (1865)

Englisch Horn, Corno inglese, Oboe da caccia. Ein Holzblasinstrument, Gattung der Oboe, aber größer und um eine Quinte tiefer stehend als die gewöhnliche, deren Alt es bildet. Sein voller Umfang erstreckt sich über zwei Oktaven und eine Quinte, von klein f bis c2 chromatisch, doch macht man von den über a2 hinausliegenden Tönen besser keinen Gebrauch. Notiert wird es im Violinschlüssel, klingt aber eine Quinte tiefer. Steht das Tonstück in C oder G, so muss es daher in G oder D notiert werden. Hinsichtlich der Art des Anblasens (mittels doppelten Rohrblattmundstückes) sowie in Betreff der Applikatur kommt es mit der Oboe ganz überein, jeder Oboebläser kann es ohne große Schwierigkeit erlernen. Damit aber der Spieler die tieferen Töne bequemer zu erreichen vermöge, als bei gestreckter Form der ziemlich langen Röhre möglich wäre, ist diese ähnlich dem Bassetthorn aus zwei Teilen im stumpfen Winkel zusammengesetzt.

In der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts [des 18. Jh.] war das Instrument stark im Gebrauch, bei Bach kommt es (unter dem Namen Oboe da caccia) sowohl als Alt- oder dritte Stimme im Oboenchor, als auch ganz besonders als Soloinstrument oder in mehrere Stimmen geteilt sehr häufig vor. Damals aber war seine Röhre noch nicht im Winkel zusammengesetzt, sondern von flach sichelartiger Form, wie auch beim alten Bassetthorn. Da aber eine Röhre von solcher Gestalt nicht gebohrt werden kann, wurde sie aus zwei ausgestochenen Teilen zusammengeleimt und mit Leder bezogen. Doch konnte die Höhlung unmöglich die Feinheit und Glätte einer Bohrung erreichen, deshalb war der Klang des Instrumentes auch rau und heiser, außerdem seine Stimmung sehr schwankend und unrein. Daher ist es nach Mitte des vorigen Jahrhunderts [des 18. Jh.] ganz in Vergessenheit geraten und erst vor nicht gar langer Zeit vervollkommnet und wieder aufs neue (namentlich durch Berlioz, Meyerbeer u. a.) in Aufnahme gebracht. Jetzt ist sein Klang edel, aber etwas umschleiert, schwermütig und geheimnisvoll. Auf schnelle Passagen und Sprünge ist weder seine Technik eingerichtet noch entsprechen sie seinem Charakter. Getragene melodische Sätze eignen ihm vorzugsweise, auch einfache Figuren und Läufe führt es gut aus. Übrigens muss man mit seiner Verwendung sparsam sein, denn es wird nur selten in Orchestern gefunden. Fehlt es, so pflegt man Klarinetten dafür einzustellen, die es aber nicht ersetzen, denn ihre Wirkung ist eine ganz andere. [Dommer Musikalisches Lexicon 1865, 284f]