Laute, Testudo (1840)
Laute (lat. testudo, frz. luth, ital. liuto). Ein bereits im hohen Altertum bekanntes, früher allgemein beliebtes, jetzt aber beinahe ganz in Vergessenheit geratenes Saiteninstrument. Es soll von einem Philosophen in Persien namens Manes oder Manichäus (von welchem die Sekte der Manichäer ihren Namen erhielt) um das Jahr Chr. 270 erfunden und die deutsche Benennung von dem arabischen Worte al'aoud (unter welchem Namen es auch durch die Mauren nach Spanien kam), welches so viel als testudo, Schale, bedeutet, abgeleitet worden sein.
Der Körper der ältesten Instrumente war der Schale einer Schildkröte, folglich der uralten Lyra des Merkurs ähnlich. Bei den neueren Lauten ward derselbe aus dünnen Spänen von Ahorn, oder einer anderen harten Holzgattung, einen Bauch bildend und nach dem damit in Verbindung gesetzten Halse oval zulaufend, streifenweis zusammengesetzt und mit einem flachen Resonanzboden bedeckt, welcher nahe am Griffbrett mit einem runden, künstlich verzierten Schallloche versehen ist. Der am Körper befindliche Hals und das darauf liegende Griffbrett sind lang, ziemlich breit, und die Tongriffe mit Bunden bezeichnet. Unten an dem Resonanzboden ist der Saitenfessel eingeleimt, in dessen Löchern die 24 Darmsaiten, vermittelst eines Knotens, angehängt und in 13 Chöre (nämlich 11 zweichörig, die beiden höchsten aber nur einfach) abgeteilt sind. Vierzehn dieser Saiten laufen über das Griffbrett und den Sattel, wie bei der Violine, in den Wirbelkasten, wo sie gestimmt werden, die übrigen zehn tiefen laufen neben dem Griffbrett vorbei in einen anderen Wirbelkasten, der mit dem ersten verbunden ist. Diese werden aber nicht durch Aufsetzen der Finger verkürzt, sondern bleiben in ihrer Stimmung und bilden die Grundstimme zu der oben gegriffenen Melodie, welches indessen die jedesmalige Umstimmung des Instrumentes bei dem Vortrag von Musikstücken aus verschiedenen Tonstücken erfordert - eine Unvollkommenheit, welche viel zu dem Vergessenwerden desselben beigetragen hat.
Die Stimmung ist gewöhnlich D-Moll, aber die Saiten klingen: Contra A, B, gr. C, D, E, F, G, A, kl. d, f, a, d', f, a'. Diese Stimmung wurde in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts allgemein angenommen; vorher bestand sie bloß aus gr. F, G, kl. c, f, a, d', g', also nur aus sieben Saiten oder Chöre.
Die Tonstücke werden nicht mit Noten, sondern mit Buchstaben auf sechs Linien bezeichnet. Über der sechsten Linie stehen, zur Bezeichnung der Dauer, welcher die in Buchstaben gegebenen Töne unterliegen sollen, Notenzeichen. […] Bei dieser besonderen Schreibart, Lautentabulatur genannt, sind die Lautenspieler hartnäckig verbliegen und haben unsere kürzere und bequemere Notenschrift nicht angenommen. In Italien verfiel man 1509 auf den Gedanken, statt der bis dahin üblichen Buchstaben Ziffern zu gebrauchen, welche die Bunde anzeigten, auf welche gegriffen werden sollte.
In Deutschland waren es früher besonders die Minnesänger, welche dies Instrument gebrauchten. Berühmte Lautenspieler späterer Zeit waren: Hans Gerle (um 1523-29 in Nürnberg), Seb. Ochsenkuhn († 1574), Otto Heinrich (1558), Melchior Neusiedler in Nürnberg († 1563) u. a. Eine Lautenschule erschien bei Petrucci, Venedig 1509, eine andere 1727 zu Nürnberg. [Gathy Encyklopädie Musik-Wissenschaft 1840, 271]