Horn, Waldhorn (1840)

Jägerhorn, um 1600.

"Jäger-Hörner", um 1600. Abb. aus [Praetorius 1619]

Horn oder Waldhorn (ital. Corno, franz. Cor). Ein bekanntes Blasinstrument von Messingblech, gewöhnlich ohne Tonlöcher. Es besteht aus einer langen, sich nach und nach erweiternden Röhre, die sich in einen Schalltrichter oder sogenannte Stürze endigt. Diese Röhre ist in der Form eines Zirkels mehrfach zusammengewunden und dergestalt verlötet, dass sich die aneinander liegenden Windungen nicht aus ihrer Richtung verbiegen können. Das Instrument wird vermittelst eines Mundstücks von Messing oder Silber intoniert, welches einen konischen Kessel und einen schmalen Rand zum Ansatze hat.

Der Ursprung dieses Instruments verliert sich bis in das graueste Altertum, denn schon die ältesten Völker gebrauchten Tierhörner als musikalische Instrumente, und zwar soll ein Chinese Khy-pe der erste gewesen sein, der sie zu diesem Behuf angewendet.

Später verfertigte man Hörner aus Holz, dann bog man sie ein wenig auf die Seite. Im Jahr 1680 kam ein Pariser, dessen Name aber unbekannt geblieben ist, auf den Gedanken, die langen Hörner der Bequemlichkeit halber zu krümmen und die Windungen nebeneinander in ein Zirkelrund zu bringen. Der Graf Franz Anton von Spörken, ein Böhme, der diese neue Erfindung zu Paris hörte, brachte sie in demselben Jahre nach seinem Vaterlande, und von dort verbreitete sie sich bald über ganz Deutschland. Zuerst ist das Horn wohl nur, wie auch der Name Waldhorn (Cor de chasse) andeutet, bei der Jagd gebraucht worden, wo die Jäger sich durch dasselbe Signale gaben. In Deutschland ward es zuerst zur Harmoniemusik verwendet; nach und nach gelangte es in das Orchester und endlich in den Konzertsaal und in die Oper. 1757 wurde es in Frankreich in das Orchester eingeführt.

Die ersten Hörner standen bloß in Es, man musste daher, um auch aus anderen Tonarten blasen zu können, auf Mittel sinnen, diesem Übelstande abzuhelfen. Man verfertigte daher Hörner von verschiedener Größe oder Länge: G-, B- und bald darauf auch F-Hörner. Aus dieser Verlängerung oder Verkürzung des Instruments entstanden endlich die Krummbogen, besondere kürzere oder längere Röhrenwindungen, welche oben auf das Horn, zwischen ihm und dem Mundstück, gesetzt und wodurch der Ton beliebig höher oder tiefer klingend gebildet werden kann. Doch auch diese Verbesserung gab noch keine ganz reine Stimmung, und man musste, war der Ton zu hoch, sich kleiner gerader Stückchen Röhren, Aufsatzstückchen genannt, bedienen. Stand aber das Horn zu tief, so wusste man sich nicht zu helfen, weil man das Horn wohl verlängern, aber nicht verkürzen konnte. Alle diese Schwierigkeiten wurden endlich durch die Inventionshörner beseitigt, welche ein Hornist der königl. Polnisch. Kapelle zu Dresden, Ant. Joh. Hampel, um die Jahre 1753-1755 erfand und von dem dortigen Instrumentenmacher Joh. Werner verfertigen ließ.

Vermittelst dieser wichtigen Erfindung bedarf man zu allen verschiedenen Tonarten nur eines einzigen Horns, welches so eingerichtet ist, dass man besondere, nach den verschiedenen Tonarten größere und kleinere gebogene Röhren oder Krummbogen mitten in das Rohr des Horns einschieben und also das Instrument in alle Tonarten möglichst rein stimmen kann, ohne dass man nötig hat, sich der Setzstücke zu bedienen. Auch erfand Hampel Dämpfer für dieses Instrument, welche später von Türrschmidt noch verändert wurden. Letzterer verbesserte auch die Inventionshörner (1781) dadurch, dass er die Röhren übers Kreuz legen ließ. Diese Hörner wrden jedoch meist nur bei vollem Orchester oder bei Gelegenheiten, wo aus mehr als einer Tonart geblasen werden soll, gebraucht. Konzertbläser aber bedienen sich gern der einfachen Hörner.

Später bemühte sich Kölbel in Petersburg, dem Horne durch angebrachte Klappen (siehe Klappenhorn) und Stürze auf dem Kessel die möglichste Vollkommenheit zu geben, und Bini verfertigte unter dem Namen Clagget ein tiefes B-Horn. Charles Clagget in London, ein Dilettant, verband zwei Hörner, ein D- und ein Es-Horn, so miteinander, dass beide durch ein gemeinschaftliches Mundstück intoniert wurden. Dabei war ein Ventil angebracht, durch welches der Wind nach Belieben dem einen oder dem andern Horne zugeführt werden konnte. Das Instrument erhielt dadurch zwar die Tonleitern von D und Es in diatonischer Tonfolge, aber die Töne blieben dennoch unrein, zumal da auch das Stopfen an beiden Stürzen mit den Händen und zugleich das Dirigieren der Windklappe zu gleicher Zeit sehr schwierig war. In den neuesten Zeiten verbesserte der Instrumentenmacher Sax in Brüssel auch noch das von Meifried erfundene Cor à pistons und verfertigte ein Horn, welches mit allen Tönen versehen war und das er Cor omni-tonique (alltöniges Horn) nannte. Um ferner alle Ungleichheiten des Messings auszuebnen und auch das durch die Feuchtigkeit beim Blasen erzeugte, für die Gesundheit so schädliche Ansetzen des Grünspans zu vermeiden, erfand der Hornist der königl. Kapelle zu Berlin, Jean Brün, die Vorkehrung, das Horn auf der inwendigen Seite mit Lack zu überziehen, wodurch außerdem noch der Ton an Reinheit gewann.

Der Tonumfang des Horns ist, wenn dasselbe z. B. hoch C steht, vom eingestrichenen bis zum dreigestrichenen c, unter welchen Tönen noch kl. g und c liegen. In der eingestrichenen (seiner ersten) Oktave liegt bloß der Dreiklang: eingestrichenes c, e, g - natürlich, d. h. ohne Kunstmittel. Die zwischen diesen Stufen liegenden Töne müssen durch die Finger der rechten Hand, welche man in den Schalltrichter hält, das sogenannte Stopfen, hervorgebracht werden. Außer diesem Dreiklang liegt das eingestrichene b in der natürlichen Tonleiter, und vom zweigestrichenen c bis zum dreigestrichenen c werden alle halben Töne in diatonischer Folge ohne Schwierigkeit geblasen. Diese Unvollkommenheit des Stopfens hat indessen Stölzel in Breslau dem Instrumente durch eine ganz einfache Vorkehrung ganz benommen. Er brachte nämlich zwei luftdichte Ventile am Horne an, welche mit den Fingern der rechten Hand niedergedrückt und durch Federn von selbst wieder in ihre Lage versetzt werden. Hierdurch ward es möglich, die ganze chromatische Tonleiter von der tiefsten bis zur höchsten Note bequem und leicht ganz rein hervorzubringen, und zwar in ganz vollkommen gleicher Stärke. Auch bedarf diese Art Horn der Umstimmung gar nicht, und man kann dieselbe Passage in jeder Tonart blasen. Desgleichen hat der Petersburger Musikdirektor Levy sein neues chromatisches Waldhorn so verbessert, dass man zur Umstimmung keinen Bogen und bei halben Tönen nicht mit der Hand zu stopfen braucht.

Übrigens bleibt sich die obrige Tonfolge auf dem Horne bei allen acht Gattungen desselben immer gleich; die Hornstimme wird in C dur geschrieben, das Instrument durch aufgesetzte Krummbogen in die Tonart gestimmt, aus welcher das Musikstück geht, und nur Corno in B, in A, G, F, Es, D oder in C über die Stimme gesetzt.

Jeder Hornbläser muss indessen Sänger sein und vor allem ein gutes Gehör haben, da er die Töne alle selbst suchen muss und sie nicht durch Löcher und Klappen, wie bei anderen Instrumenten, bestimmt an ihrem Platze findet. [Gathy Encyklopädie Musik-Wissenschaft 1840, 218f]