Dominante (1929)

Dominante heißt die Quinte der Tonart sowie der auf dieser basierte Akkord. Der Name Dominante kam bereits in der Zeit der Herrschaft der Kirchentöne auf, doch hieß (z. B. in S. de Caus' Institution harmonique 1615) bei authentischen Tönen die 5., bei plagalen die 4. Stufe Dominante; andere nannten die sogenannte Repercussa (s. d.) jedes Tones Dominante (z. B. noch Brossard in seinem Lexikon 1703). Ch. Masson (Nouveau traité 1694) unterscheidet neben Finalis und Dominante bereits auch die Mediante (Terz der Tonart), und Rameau stellte, die Mediante fallen lassend, neben die Tonique (Centre harmonique) und Dominante als drittes die 4. Stufe, die Sousdominante [französisch], und zwar verstand er unter diesen Namen die Harmonien auf den betreffenden Stufen. Seine Nachfolger begriffen nicht, warum Rameau die Mediante hatte fallen lassen (vgl. Funktionsbezeichnung). Rousseau schlug sogar vor, die Sekunde Submediante zu nennen, weil sie ebenso eine Stufe unter der Mediante liege, wie die Subdominante unter der Dominante, und nun hieß auch die 6. Stufe Superdominante (weil über der Dominante liegend), die 7. aber nach älterem Gebrauch Subsemitonium (modi) oder Subtonika. So hatte schließlich jeder Ton. wieder einen Namen, z. B. in C-Dur:

und Rameaus auszeichnender Sinn dieser Benennungen ging wieder verloren. Doch griffen einige Theoretiker (Daube) früh auf Rameau zurück und stellten die drei Akkorde Tonika, Subdominante und Dominante als die eigentlichen Pfeiler der tonalen Harmonik endgültig fest.

H. Riemann beugt in seiner neuen Harmoniebezeichnung einem Rückfall in die alten Namenhäufungen und Unterscheidungen dadurch vor, dass er die Anfangsbuchstaben der drei Funktionen (T, S, D) als alleinige Grundlage durchführt. [Einstein/Riemann Musiklexikon 1929, 414f]