Cruit, Chrotta, Crowd (1873)
Cruit (irisch und walisisch), Chrotta oder Crota britanna (kymrisch: Criôth; irisch: Cruit, angelsächsisch: Crudh; englisch: Crowd), ist der gemeinschaftliche Name eines den keltischen Völkern eigentümlichen, ursprünglich zitherartigen Saiteninstrumentes, welches sich, schon früh (jedenfalls noch vor dem 12. Jahrhundert) zum Bogeninstrument umgestaltet, sogar bis in das vorige Jahrhundert [18. Jh.] in Wales in Gebrauch erhielt. Nebst der Harfe war die Cruit das vorzüglichste und geachtetste der alten Briten und Iren, dessen sich nur die Barden ersten Ranges zur Begleitung des Gesanges bedienen durften. Venantius Fortunatus (609), Bischof von Poitiers, erwähnt die Cruit schon im 6. Jahrhundert (lib. VII. carm. 8), ebenso die Minnesänger unter dem Namen Rota, Rotte, Hrotta, was nicht nur etymologisch, sondern auch der Bedeutung nach genau mit dem keltischen Croth oder Cruit zusammentrifft.
Die Cruit besteht aus einem hölzernen (meistenteils aus Ahorn gefertigten), auf der Rückseite ausgebauchten Schallkasten, an welchem sich (nach oben zu verjüngend) der viereckige mit Ausschnitt für den Hals versehene Kopf anschließt. Das Instrument misst in der ganzen Länge 201/2 bis 22 englische Zoll, in der Breite unten 91/2, oben 8 Zoll. Das Griffbrett ist 10 Zoll lang, die Zargen circa 18/10 Zoll hoch. In der Mitte der Decke befinden sich zwei runde, ziemlich große Schalllöcher, durch deren linkes der verlängerte Fuß des Steges geht, der zugleich als Stimmstock dienend, auf dem Boden des Instrumentes fest aufsitzt und die Vibration vermittelt. Über den sehr flachen Steg, der in schräger Richtung auf der Decke steht, geben sechs Darmsaiten, von denen vier über das Griffbrett, die anderen zwei jedoch seitwärts desselben hinlaufen, wo sie am oberen Teil des Instrumentes mittelst Stiften befestigt sind. Die zwei tieferen Saiten wurden selten gestrichen, sondern gewöhnlich als begleitender (Dronen-)Bass mit dem Daumen an der linken Hand gekniffen.
Die Stimmung der sechs Saiten ist folgende: Die erste und höchste Saite gibt das d'', die zweite die tiefere Oktave (d') desselben, die dritte Saite das c', die vierte Saite das c'', die fünfte Saite das g' und endlich die sechste das kleine g.
Die Cruit wurde gewöhnlich in Verbindung mit der Harfe zur Unterstützung der Singstimme benutzt, zu welchem Zweck ihr sanfter und weicher Ton am besten geeignet schien.
Eine Nebenart der sechssaitigen Crwth ist die kleine dreisaitige, unter dem Namen Crwth Trithant (irisch: Creamthine Cruit) bekannte Geige, welche mit dem im Mittelalter vielfach gebrauchten Saiteninstrument mit Namen Rebec identisch zu sein scheint. Die dreisaitige Cruit wurde nur von den volksmäßigen Spielleuten und Fiedlern benutzt, da deren Behandlung viel weniger Kunstfertigkeit erforderte und ihr beschränkter Umfang und unbedeutender Ton von selbst eine künstlerische Behandlung ausschloss. Daher Crowder im Englischen nur im verächtlichen Sinne für Bierfiedler gebraucht wird. Nach Villemarqué hat sich das Instrument in der Bretagne bis auf den heutigen Tag [um 1870] unter dem Landvolke im Gebrauch erhalten. [E. Friese, in: Mendel Musikalisches Lexikon 1873, 30f]