Chromatische Tonleiter (1929)

Chromatische Tonleiter, die durch die zwölf Halbtöne des temperierten Systems laufende Skala. Die chromatische Tonleiter muss sehr verschieden notiert werden, je nach der Tonart, deren diatonische Skala sie chromatisiert. In die Durtonleiter führt die Chromatik im Aufsteigen erhöhte, absteigend erniedrigte Töne als Leittöne zur folgenden Stufe ein. Doch wird absteigend statt der chromatischen Erniedrigung der Tonartquinte der Leitton zu derselben vorgezogen, z.B. in C-Dur: g-fis-f statt g-ges-f. Die Molltonleiter dagegen benutzt steigend und fallend die beiden durch die sogenannte melodische Molltonleiter gebräuchlichen Stufen, z. B. in A-Moll aufwärts und abwärts f-fis-g-gis. Auch schreibt wohl niemand im Absteigen den Leitton von oben zur Mollterz (das wäre in A-Moll des).

Einige ältere Komponisten (Mozart) schreiben in der chromatisch ausgefüllten steigenden Durtonleiter statt der übermäßigen Sekunde, Quinte und Sexte die enharmonisch mit ihnen zusammenfallende kleine Terz, Sexte und Septime, wodurch aber der Unterschied zwischen der chromatischen Dur- und chromatischen Moll-Tonleiter aufgehoben und der harmonische Sinn verdunkelt wird. In der sogenannten Atonalität (siehe dort) dagegen entfallen diese Rücksichten bei der Notierung der chromatischen Zwölftonreihe, da ja die Voraussetzung eines tonalen Zentrums nicht mehr besteht. [Einstein/Riemann Musiklexikon 1929, 318]