Musiklexikon: Was bedeutet Bogen?

Bogen (1929)

Bogen,
1) der Bindebogen, Legatobogen (englisch: slur) in der Notenschrift, das Zeichen, durch welches Legato-Vortrag gefordert wird, bei den Streichinstrumenten, für die es zuerst (um 1600) aufkam, zugleich Anweisung für die Bogenführung (siehe dort), für die Blasinstrumente ebenso für die Atemführung. In der Klaviermusik ist zu unterscheiden zwischen Bögen, die nur als Zeichen für Legato gedacht sind, und solchen, die nach dem Beispiel Riemanns den motivischen Sinn und die Phrasierung (siehe dort) klarstellen.

2) Der Haltebogen, das Zeichen, welches, zwei Töne derselben Höhe verbindend, das Aushalten, Weitertönen, Nichtwiederangeben bedeutet. Der Haltebogen sollte stets genau von Notenkopf zu Notenkopf reichen. L. Meinardus (s. d.) gebrauchte statt der Haltebögen eckige Klammern.

3) Der Bogen (italienisch: Arco, französisch: Archet, englisch: Bow), mit dem die Saiten der Streichinstrumente gestrichen werden, aus sehr hartem Holz (Brasilienholz, Pernambukholz) gefertigt, mit Pferdehaaren bezogen, die mittels eines Gewindes am Griffende (Frosch) straffer gespannt werden können. Ursprünglich war der Bogen dem Jagdbogen ziemlich ähnlich, früh (im 15. Jahrhundert) wurden Knopf und Schraube erfunden, die um 1650 ihre endgültige Form annahmen und dem Bogen seine heutige Gestalt gaben, die Form des Holzes wurde weniger geschweift. In [um 1930] neuerer Zeit sind, um den Vortrag mehrstimmiger (polyphoner) Werke, vor allem der der altklassischen Solosonaten, zu erleichtern, Versuche gemacht worden, die Jagdbogenform des Bogens wieder einzuführen und es dem Spieler zu ermöglichen, die Bogenhaare während des Vortrags zu spannen und entspannen (Hermann Berkowski). Berühmte Bogenmacher waren: die Tourte in Paris (Vater und Sohn - François), die zuerst die schlanke Form einführten (vgl. Vidal, La lutherie et les luthiers 1889), Vuillaume, der u. a. Bogen aus Stahl anfertigte; ferner John Dodd (Spezialist für Cello-Bögen) in Kew, Christian Süß in Markneukirchen und L. Bausch (der "deutsche Tourte") in Leipzig. Vgl. Fétis, Antoine Stradivari; Der Geigenbogen, seine Entwicklung und seine Meister (Ztschr. f. Instrumentenbau XXII); L. Passagni, L'archetto: notizie storico-artistiche (1908).

4) Stimmbögen, die Einsatzstücke für die Schallröhre der Waldhörner, welche den Stimmungston verändern (z. B. wird durch den B-Bogen aus einem C-Horn ein B-Horn). Die Hornisten, welche [um 1930] noch Waldhörner gebrauchen, führen auch noch die Bögen. [Einstein/Riemann Musiklexikon 1929, 196]

Bogen (1882)

Bogen, als Vortragsbezeichnung, genauer Bindebogen (siehe dort) und Schleifbogen (siehe dort) genannt, gehört unter die Schriftzeichen und zeigt an, dass die so äußerlich zusammengefassten Noten auch bei der Ausführung möglichst verbunden werden sollen.

Ferner bezeichnet man damit den mit Pferdehaaren bespannten Holzstab, dessen man sich bei den Streichinstrumenten bedient, um sie zum Erklingen zu bringen.

Endlich werden auch die Einsatzstücke, vermittelst welcher man bei den einzelnen Messinginstrumenten die Stimmung verändert, Bogen (Einsatzbogen) genannt. [Reissmann Handlexikon 1882, ]

Bogen (1840)

Bogen, ein Zeichen, welches über oder unter Noten stehend bedeutet, dass diese Noten gezogen oder geschleift, d. h. genau aneinander gebunden werden sollen [siehe Bindung]. Man nennt ihn dann auch Schleifbogen oder Schleifzeichen. Steht der Bogen zwischen zwei Noten, die auf einer und derselben Stufe stehen, so zeigt er an, dass nur die erste Note angeschlagen und für den Wert der darauf folgenden mit ihr verbunden fortklingend erhalten werden soll.

Ein Bogen über punktierten Noten zeigt an, dass die Töne nicht kurz abgestoßen, aber auch nicht geschleift, sondern getragen, d. h. mit einem zarten und doch bemerklichen Druck einzeln hervorgehoben werden sollen. Man nennt dies: Tragen der Töne (siehe Portamento di voce) und bezeichnet es auch, wiewohl seltener, durch das Wort appoggiato.

Ferner wird das Tremolo oder die Bebung durch mehrere mit einem Bogen umschlossene Punkte über einer Note angezeigt. In der Generalbassschrift pflegt man durch einen über die 5 gesetzten Bogen die kleine [verminderte] oder falsche Quinte kenntlich zu machen.

Ein in der Mitte mit einem Punkt versehener Bogen, über einer Note oder Pause befindlich, zeigt das Ruhezeichen [Fermate] an und am Ende eines Stückes den völligen Schluss. [Gathy Encyklopädie Musik-Wissenschaft 1840, 48]