Bogen (1840)

Bogen, der Name des Instruments, vermittelst welches die Saiten der Geigeninstrumente gestrichen und zur Ansprache gebracht werden. Er besteht aus einem ein wenig verjüngt zulaufenden, runden, etwas über eine Elle langen Stabe von Brasilien- oder Schlangenholz, welcher oben ein vorstehendes Köpfchen hat, in welchem ungefähr 110 bis 120 Pferdehaare eingeleimt sind. Am unteren Ende des Bogens befindet sich ein verziertes Stückchen Holz oder Elfenbein, Frosch genannt, in welchem die Haare ebenfalls befestigt sind, welcher am unteren ausgekehlten Teil, mit dem er auf dem Bogen liegt, ein in den unteren ausgehöhlten Teil des Bogens hineinragendes Oeschen [Öse] mit einem Schraubengewinde hat, damit vermittelst der von unten hinauflaufenden und sich durch dasselbe ziehenden Schraube die Haare des Bezugs beliebig angespannt werden können. Diese Haare werden mit Colophonium [sic] bestrichen, damit sie die Saiten angreifen.

Zu einem guten Bogen gehören folgende Eigenschaften: Er muss von sehr hartem und elastischem Holze sein, damit er dem Druck seines Bezuges auf die Saiten genugsam widerstehe, oder damit sich der Stab im Streichen nicht mit dem Bezuge zugleich auf die Saiten lege. Der Stab darf, wenn der Bezug gehörig angespannt ist, von dem Frosche an bis zum Kopfe, auf keiner Seite aus der Richtung einer geraden Linie abweichen, weil er sonst nach Beschaffenheit dieser Abweichung bei dem Vortrag geschwinder Noten entweder zu sehr oder zu wenig von den Saiten abspringt. Der Bezug darf weder aus zu viel noch aus zu wenig Haaren bestehen. Ein zu starker Bezug hindert im Streichen die Schwingungen der Saiten. Und zu wenig Haare greifen dieselben nicht genug an.

Um zu einem ausgezeichneten, richtigen und geschmackvollen Spiel zu gelangen, muss man suchen, den Bogen völlig in seine Gewalt zu bekommen. Daher muss man sich anfänglich bemühen, die Saiten mit dem Bogen so leise zu berühren, dass das Beginnen des Tons leise wie ein Hauch ist und die Saite gar nicht zu schwingen scheint. Dies beruht ganz auf der Leichtigkeit des Daumens der rechten Hand. Dann führe man den Strich fort, indem man ihn nach und nach verstärkt. Hat man mit einer ganz leisen Bogenführung angefangen, so darf man keinen unreinen oder rauhen Ton mehr befürchten; doch muss man sich die Art dieser Bogenführung in allen Lagen, sowohl bei dem Herunter- als bei dem Hinaufstreichen zu eigen machen, man gebrauche den Bogen in der Mitte oder am Ende. Man fange dabei, und zwar gleichfalls abwechselnd mit dem Hinauf- und Herabstrich, die gehaltenen Töne immer auf einer bloßen Saite an, zuerst ganz sanft, und lasse den Ton nur nach und nach bis zur höchsten Stärke anschwellen. Dies ist die schwierigste, aber auch die wichtigste von allen Übungen, um Sicherheit und Leichtigkeit zu erlangen, den Bogen auf die beste Art an die Saite zu legen und damit machen zu können, was man will. […] [Gathy Encyklopädie Musik-Wissenschaft 1840, 47]