Tetrachord. Die Griechen verstanden unter einem Tetrachord eine Tonreihe von vier Stufen, von welchen die höchste gegen die tiefste eine reine Quarte ausmacht. Aus solchen Tetrachorden war das griechische Tonsystem zusammengesetzt, und die Beschaffenheit der zwischen den beiden äußersten Enden der Tetrachorde befindlichen Töne bestimmte die Verschiedenheit der Klanggeschlechter. Wenn die Tetrachorde so beschaffen waren, dass die erste Stufe zur zweiten einen großen halben Ton, die zweite Stufe zur dritten und die dritte zur vierten aber einen ganzen Ton ausmachten, wie z. B. bei den Tönen e f g a, so nannte man sie diatonisch, und die Folge aller in dieser Ordnung gebrauchten Töne wurde das diatonische Klanggeschlecht genannt [weitere Klanggeschlechter siehe enharmonisch]. Der Charakter der diatonischen Tonfolge bestand also in der Musik der Griechen - so wie in der modernen - darin, dass keine kleineren Tonstufen vorkamen als der große halbe Ton.
So wie unser modernes Tonsystem aus Oktaven verbunden ist, so war das Tonsystem der Griechen aus Tetrachorden verbunden, und sie waren gewohnt, ihre Tetrachorde ebenso durch verschiedene Namen zu unterscheiden, wie bei uns die verschiedenen Oktaven durch die Beiwörter groß, klein, eingestrichen und zweigestrichen unterschieden werden.
Wenn zwei unmittelbar nacheinander folgende Tetrachorde so beschaffen waren, dass der höchste Ton des ersten zugleich den tiefsten Ton des zweiten ausmachte, z. B.
verbundenes Tetrachord
so wurden sie verbundene Tetrachorde genannt. Waren aber der höchste Ton des ersten und der tiefste Ton des zweiten Tetrachordes zwei verschiedene Tone, z. B.
unverbundenes Tetrachord
so nannte man sie unverbundene Tetrachorde.
In dem folgenden Schema ist das diatonische Klanggeschlecht der Griechen in seinen fünf Tetrachorden vorgestellt, in welchem man zugleich die Namen der verschiedenen Tetrachorde und der in denselben enthaltenen Töne, nebst unseren Tonzeichen, welche diesen Tönen entsprechen, findet.
die fünf Tetrachorde der Griechen
*Siehe den Artikel Proslambanomenos.
[Koch Handwörterbuch Musik 1807, 357f]