1799, Meldung in Allgemeine Musikalische Zeitung:
Neuerfundene französische Saiten. Der Bürger Baud in Versailles - ein Mann von mannigfaltigen, besonders musikalischen Kenntnissen - hat vor einiger Zeit Saiten von Seide zu spinnen erfunden, und zuerst für die Harfe von ihnen Gebrauch gemacht, jetzt aber dieselben überhaupt an der Stelle aller Darmsaiten benutzt. Die Nachrichten, welche uns bis itzt über diese Erfindung zugekommen und durch gültige Zeugnisse bestätigt worden, sind folgende:
"Die Genauigkeit, womit die stärkeren Saiten übersponnen sind, zeichnet sie vorerst sehr vorteilhaft aus. Die äußerst einfache Maschine, welche diese Genauigkeit möglich macht, ist gleichfalls das Werk des Erfinders. Noch bemerkenswerter sind die nicht übersponnenen Saiten. Sie sind ebenso wohlklingend, als die Darmsaiten, ertragen bei gleicher Stärke mit diesen eine größere Spannung, ohne zu reißen; sie sind für die Veränderung der Luft weniger empfindlich, verstimmen sich also nicht so leicht, als jene; sie reißen nie, als durch sehr langen Gebrauch, und werden nie falsch - wie sich die Spieler ausdrücken - was bei den besten Darmsaiten oft der Fall ist. Alle diese Vorteile sind durch vielfältige Versuche bestätigt. Da der Erfinder mehrere vollkommen sich gleiche Saiten auf seiner Maschine spinnen kann, so dienen sie auch vorzüglich für Instrumente, welche den Unisonus verlangen, und welche bisher vernachlässigt wurden, weil es so schwer ist, vollkommen gleiche Darmsaiten zu finden. Die Guitarre ist eins dieser Instrumente. Endlich so haben diese neuerfundenen Saiten noch den Vorteil, dass sie nicht, wie die Darmsaiten, durch Alter schlechter, sondern von Zeit zu Zeit besser werden."
Die Sache hat in Frankreich so viel Aufmerksamkeit erregt, dass das Nationalinstitut für Musik dem berühmtem Mitgliede desselben, dem Bürger Gossec, Auftrag gegeben hat, die Sache genau zu untersuchen und darüber Bericht zu erstatten. Sobald dieser Bericht abgelegt ist, werden wir ihn erhalten und zugleich unseren Lesern im Auszuge mitteilen. Auch wird unsre Verlagshandlung einen Depot dieser Saiten aller Art und für alle Saiteninstrumente, welche wie die Harfe oder Guitarre gespielt werden (Instruments à percusion), von dem Erfinder erhalten, so dass sie also bei ihr in Zukunft zu haben sein werden. Einige kline Versuche, welche wir mit einigen eingesandten Proben gemacht haben, bestätigen die ausgeführten Nachrichten. [Allgemeine Musikalische Zeitung, 1. Jg., Leipzig 1799, S. 522f]