Marsch (1865)
Marsch, Marcia. Ein Tonstück, welches eigentlich bestimmt ist, bei militärischen und anderen Aufzügen sowohl durch seinen Takt die vollkommene Gleichheit der Schritte zu erleichtern, als auch den ganzen Hergang durch Musik feierlicher zu machen.
Der Marsch wird jederzeit in einer geraden (vierteiligen) Taktart gesetzt, in der aber selbstverständlich auch dreiteilige Gliedteilungen (Triolen) vorkommen dürfen. Beginnen darf er ebenso gut im Aufschlage als im Niederschlage. Rhythmus, Zäsuren und Einschnitte müssen markiert, deutlich und geradzahlig sein. Gewöhnlich besteht er aus zwei Wiederholungsteilen (Reprisen), von denen der erste acht, der zweite ebenso viel oder auch mehr Takte enthalten kann. Es kommt auf die Taktzahl so genau nicht an, wenn sie nur eine gerade ist und die rhythmischen Teile geradzahlig und deutlich sind. Nachdem beide Teile, jeder für sich wiederholt, vorgetragen sind, folgt ein sogenanntes Trio, welches gleichfalls aus zwei Reprisen besteht, und auch sonst an Form dem Hauptsatz ähnlich, doch aus einem an Charakter von ihm abweichenden Tongedanken gebildet, und in einer anderen (meist verwandten Neben-) Tonart gesetzt zu sein pflegt. Nach dem jeder Teil des Trios zweimal gespielt, wird der Marsch wiederholt, jedoch ohne Repetition seiner beiden Teile.
Die verschiedenen Arten der Militärmärsche, als Parademarsch, Sturmmarsch etc., kommen an Form unter sich und mit den bei bürgerlichen Festlichkeiten und Aufzügen gebräuchlichen, bei denen man ja auch der Militärmärsche sich bedient, ganz überein. Der Charakter wird durch die Art der Festlichkeit oder des Herganges, wobei der Marsch gebraucht werden soll, bestimmt. Je nachdem ist er heiter, feurig, feierlich (Festmarsch), ernst, pathetisch, pomphaft, tragisch (Trauermarsch) etc. Viel Pomp und Pracht wird in Märschen aufgewendet, welche auf der Bühne bei großen Aufzügen vorkommen, indem alsdann alles darauf hinstrebt, die Zuschauer auch durch äußeren Prunk zu beschäftigen.
In die zyklischen Formen, Sonate und Symphonie, hat der Marsch Aufnahme gefunden, und wird dann meist etwas freier behandelt und kunstvoller ausgearbeitet. Doch muss er stets den markierten Rhythmus und die Deutlichkeit der Einschnitte behalten. Militär- und überhaupt zu öffentlichen Aufzügen dienende Märsche werden entweder für Blechinstrumente oder Harmoniemusik gesetzt. Bei den Märschen auf der Bühne und in der Symphonie wird das Konzertorchester angewendet. Außerdem sind und werden noch heute [um 1865] zahlreiche Märsche für Klavier geschrieben. [Dommer Musikalisches Lexicon 1865, 531f]