Chrotta (1882)
Chrotta, eins der ältesten, wenn nicht das älteste europäische Streichinstrument, schon von Venantius Fortunatus (609) erwähnt in dem Vers: "Romanusque lyra plaudat tibi, Barbarus harpa, Graecus achilliaca, chrotta Britanna canit". Es scheint, dass die Chrotta (crwth, crowd, crouth, cruit) ein ursprünglich britannisches Instrument ist, das in seiner eigentümlichen Form sich nur in Großbritannien und in der Bretagne längere Zeit gehalten hat, während es sich in Frankreich und Deutschland schnell umbildete. Von den hier seit dem 9. Jahrhundert vorkommenden Streichinstrumenten (Lyra, Rebeka, Rubeda, Viella) unterscheidet es sich durch das Fehlen des Halses. Der viereckige Schallkasten setzt sich vielmehr in einen Bügel fort, in dessen Mitte oben die Saitenwirbel eingefügt sind. Die Saiten (5) laufen teils über, teils neben einem schmalen Griffbrett (ohne Bünde), das vom Bügel bis fast in die Mitte des Schallkastens reicht. Schalllöcher und Steg sind gleichfalls vertreten.
Die älteste Art der Chrotta, crwth trithant, hatte nur drei Saiten (keine Bordune). Das Instrument ist also eine Viella, sobald der Bügel wegfiel und durch eine solide Fortsetzung in der Mitte (unterm Griffbrett) ersetzt wurde. Diese Umwandlung scheint früh vor sich gegangen zu sein.
Nicht zu verwechseln mit der Chrotta, wenn auch vielleicht von ihr herstammend, ist die Rotta. Die Chrotta existierte noch zu Ende des vorigen und Anfang dieses Jahrhunderts [Anfang 19. Jh.] in ihrer alten Gestalt bei der Landbevölkerung in Irland, Wales und in der Bretagne. [Riemann Musik-Lexikon 1882, 167]