Musiklexikon: Was bedeutet Bezug?

Bezug (1882)

Bezug, die Gesamtheit der auf Saiteninstrumente gespannten Saiten oder auch ein Sortiment sämtlicher für ein Instrument zur Verwendung kommenden Saiten; so begreift [umfasst] z. B. ein vollständiger Bezug für die Violine je eine g-, d'-, a'- und e''-Saite. Für den Bezug eines Pianofortes ist eine große Zahl (gegen 20) verschieden starker Saitenarten notwendig. Es ist von größter Wichtigkeit, dass, wenn eine Saite springt, eine von genau derselben Stärke dafür aufgezogen wird, weil sonst leicht der Ton gegen die anderen absticht. [Riemann Musik-Lexikon 1882, 102]

Bezug (1802)

Bezug, so werden die sämtlichen Saiten eines Saiten-Instrumentes genannt. Weil von der Stärke des Bezuges überhaupt ein Teil der Schönheit des Tones, von der richtigen Abstufung der Stärke der Saiten aber insbesondere ein merklicher Grad der Gleichheit aller Töne abhängt, so muss man dahin sehen, dass jedes Instrument denjenigen Bezug erhalte, der seinem Baue am angemessensten ist. Bei Clavier-Instrumenten tut man am besten, wenn man die von dem Meister des Instrumentes gewählte Stärke der Saiten so genau als möglich ist beizubehalten sucht, weil dieser gemeiniglich schon die nötigen Versuche in Ansehung des Bezuges mit seinen Instrumenten gemacht hat. Wenn man aber bei dem Aufziehen neuer Saiten entweder die Nummern der gerissenen Saiten nicht weiß, oder wenn man von der Richtigkeit der Stärke der Nummern bei der Sorte Saiten, deren man sich bedient, noch nicht aus Erfahrung überzeugt ist, so ist es am sichersten, sich eines sogenannten Chordometers zu bedienen, damit der richtige Bezug des Instrumentes erhalten werde.

Bei Instrumenten, die mit Darmsaiten bezogen sind, muss man die jedem Instrumente angemessenste Stärke des Bezuges aus angestellten Versuchen kennen lernen, um hernach diejenige Stärke der Saiten unverändert beibehalten zu können, bei welcher das Instrument den schönsten Ton gibt. Man kann sich auch bei Darmsaiten eines Chordometers bedienen, wenn man bei der neu aufzuziehenden Saite nicht außer Acht lässt, sie ein klein wenig stärker zu wählen, als diejenige ist, deren Stelle sie vertreten soll, weil sich diese Art Saiten auf dem Instrumente merklich ausdehnen und schwächer werden.

Wenn bei Bogeninstrumenten, die Quintenweis [sic] gestimmt werden, wie die Violine, die Viola oder das Violoncell, bei reiner Stimmung dennoch die zu greifenden Quinten (z. B. auf der Violine oder Viole g' d'') nicht rein klingen, so ist die höhere Saite, wenn sie den Ton zu hoch angibt, gegen die tiefere zu stark, oder die tiefere gegen die höhere zu schwach. Klingt hingegen die höhere Saite zu tief, so ist sie gegen die tiefere zu schwach, oder die tiefere gegen die höhere zu stark. In solchen Fällen muss man aber, bevor man eine solche zu starke oder zu schwache Saite mit einer anderen verwechselt [austauscht], erst untersuchen, welche von beiden die Unreinheit eigentlich verursacht. Gesetzt bei g' d'' auf der Violine oder Viole intoniere d'' gegen das g' zu hoch, so ist dieses allein noch kein zureichender Grund, die a-Saite mit einer schwächeren zu vertauschen, sondern man muss erst untersuchen, ob nicht in der Quinte c' g' der Ton g aufwärts schwebt. Ist dieses, so muss man nicht die a-Saite verbessern wollen, sondern man muss eine stärkere d-Saite aufziehen.

Zuweilen liegt aber auch die Ursache der Unreinheit der Quinten in der ungleichen Stärke einer Saite, oder in dem ungleichen Zusammendrehen ihrer Teile. Solche Saiten sind ebenso unbrauchbar zu einem guten Bezuge, als diejenigen, die an dem gewöhnlichen Orte des Striches nicht ansprechen, ohne zu pfeifen oder zu klirren. Diese Fehler kann man jedoch schon vor dem Aufziehen der Saite gewahr werden, wenn man sie, so lang als der Bezug ist, an beiden Enden mit dem Daume und Zeigefinger beider Hände anzieht und sie mit einem anderen Finger anschnellt [anschlägt]. Sieht man bei den Schwingungen, die sie alsdenn macht, nur die Saite sich hin und her bewegen, ohne dass es scheint, als mache eine zweite oder dritte Saite dazwischen Schwingungen in entgegengesetzter Richtung, so spricht sie mehrenteils gut an, ohne zu pfeifen oder zu klirren. [Koch Musikalisches Lexikon 1802, 250ff]