Akustik (1882)
Akustik (griechisch), dem Wortsinn nach die Wissenschaft des Hörbaren, d. h. die Lehre von der Natur des Schalles, den Bedingungen seiner Entstehung, der Art und Geschwindigkeit seiner Fortpflanzung sowie letzten Endes seiner Wahrnehmung durch das Ohr.
Man unterscheidet physikalische Akustik und physiologische Akustik, welch letztere speziell die Lehre von den Schallempfindungen behandelt. Die musikalische Akustik hat es nur mit einem Teil der Untersuchungen der Akustik zu tun, nämlich mit denjenigen Arten des Schalles, welche als musikalisch brauchbare Töne (Klänge) von den unmusikalischen Geräuschen unterschieden werden. Solche Klänge sind:
- die der Saiten, sowohl der gestrichenen als gezupften oder mit Hämmerchen angeschlagenen;
- die der Blasinstrumente (zu denen auch die menschliche Stimme gehört);
- die elastischer Stäbe (Stimmgabel, Stahlharmonika, Strohfiedel);
- die gekrümmter Metallscheiben (Becken, Tamtam, Glocken);
- die gespannter Membranen, d. h. Häute (Pauken, Trommeln).
Der musikalische Klang ist seiner physischen Beschaffenheit nach ein regelmäßiger schneller Wechsel von Verdichtung und Verdünnung elastischer Körper (Schwingungen); von der Geschwindigkeit der Folge der Schwingungen hängt die Höhe, von der Größe (Amplitude) der Abweichungen aus der Gleichgewichtslage die Stärke (Intensität) des Klanges ab. Die Schwingungen des tonerregenden elastischen Körpers teilen sich der umgebenden Luft (oder festen Körpern, die mit ihm in Berührung stehen, siehe Resonanzboden) mit und pflanzen sich in derselben mit einer Geschwindigkeit von 340 m in der Sekunde bei einer Temperatur von 16° C. fort. Gewöhnlich nimmt man indes für akustische Demonstrationen die Schallgeschwindigkeit zu 1056 Fuß in der Sekunde an, welche Zahl in Beziehung steht zur Bestimmung der Tonhöhe nach Fußton. Da nämlich die Schallgeschwindigkeit, dividiert durch die Schwingungszahl, notwendig die Länge der einzelnen Schallwelle (Doppelschwingung, nämlich Summe einer Verdichtungs- und einer Verdünnungswelle) ergeben muss, so erhalten wir für Kontra-C mit 33 Schwingungen (1056 : 33) eine Schallwellenlänge von 32 Fuß, d. h., da die Länge einer offenen Labialpfeife immer nur einer einfachen Welle (halben Doppelwelle) entspricht, Kontra-C wird durch eine offene Labialpfeife von 16 Fuß hervorgebracht.
Die Zählung der Schwingungen, welche ein Ton in einer bestimmten Zeit (Sekunde) macht, ist heute mit Hilfe der Sirene in Cagniards de la Tour verbesserter Konstruktion ein Leichtes. Besonders interessante Objekte der akustischen Untersuchungen sind die Phänomene der Obertöne, des Mittönens, der Kombinationstöne und der Schwebungen. [Riemann Musik-Lexikon 1882, 15f]