Siciliano, Alla Siciliana (1878)
Siciliano (Alla Siciliana), ein Tonstück von ländlich einfachem, aber zärtlich-schmeichelndem Charakter, ist ein Nachbildung der Melodien, wie sie die Landleute in Sizilien zu singen und zu tanzen pflegen. Die Musik bewegt sich im ruhigen 6/8-Takt und ist im Tempo etwas langsamer als die Pastorale. Eigentümlich und viel wiederkehrend in diesem sizilianischen Tanze ist die rhythmische Figur
Meistens gehen die Sizilianen aus Dur, zuweilen setzten Kunstmusiker (nicht aber das italienische Volk) solche in Moll. Die Form ist immer liedartig. Die festgegliederten zwei oder drei Sätze heben sich durch Einschnitte voneinander ab.
Diese Tanzform wurde früher zu Gesängen in Opern und Oratorien verwendet, zum Beispiel Händel in "Theodora" und in "Susanna" sind reizende Gesangsätze in 12/8-Takt mit Alla Siciliana (nach Sizilianer Weise) überschrieben. In Mozarts "Figaro" ist Susannas Arie ein Siciliano. Aber auch als Instrumentalstück behandelt vertrat früher in Sonaten und Konzerten ein Siciliano die Stelle des Adagio und wurde zuweilen sogar als selbstständiger Instrumentalsatz behandelt.
Jetzt [um 1880] sind die Sing- und Instrumentalstücke dieses Namens ganz außer Gebrauch gekommen. Niemals werde ein Siciliano zu lang ausgesponnen, sonst entsteht ermüdende Langeweile; diese etwa durch rascheres Tempo entfernen zu wollen, widerstrebt dem idyllischen, sanften Charakter dieser Musik. [Mendel/Reissmann Musikalisches Lexikon 1878, 249]