Octavgattungen (1865)
Octavgattungen [Oktavgattungen], Species octavae. Tonreihen, welche entstehen, wenn man eine und dieselbe diatonische Skala, ohne Anwendung von leiterfremden Erhöhungs- oder Erniedrigungszeichen, von ihren verschiedenen Stufen anfängt. Gattungen der Oktave heißen sie, weil sie zwar alle nur Töne ein- und derselben Oktave enthalten, dabei aber durch verschiedene Lage der beiden diatonischen Halbtöne an immer anderen Stellen innerlich voneinander verschieden sind. So hat die dorische Skala d e^f g a h^c d ihre beiden Halbtöne auf der 2. und 6. Stufe, die ionische c d e^f g a h^c hingegen auf der 3. und 7., ungeachtet sie dieselben Töne enthält wie die dorische. Sonach kann man jede Skala in sieben verschiedenen Oktavgattungen darstellen, da sie sieben diatonische Töne enthält.
Über die Oktavgattungen der Griechen vergl. Tetrachord; über die der christlichen Zeit siehe Tonart. An beiden Orten ist auch erinnert, dass der Begriff der Tonart von dem der Oktavgattung verschieden ist, insofern Tonarten nicht innerlich voneinander abweichen, sondern nur örtlich, als Transpositionen einer und der selben Skala (ohne Abänderung der Intervallordnung) auf einen höheren oder tieferen Grundton, mit Anwendung der zur Herstellung der nämlichen Lage der diatonischen Halbtöne erforderlichen Versetzungszeichen. Von den Oktavgattungen des Mittelalters hat die moderne Musik nur zwei, die ionische und äolische, beibehalten und mit ihren Transpositionen auf alle 12 Halbtöne der Oktave zum festen Dur- und Mollgeschlecht ausgebildet. [Dommer Musikalisches Lexicon 1865, 627]