Musiklexikon: Was bedeutet Kapelle?

Kapelle, Cappella (1882)

Kapelle (Cappella), ursprünglich der Name eines für die Verehrung eines einzelnen Heiligen bestimmten Teils (Nische) einer größeren Kirche oder auch eine kleine Kirche, dann aber besonders der Raum, wo der Sängerchor sich aufstellte, und daher später dieser Chor selbst.

Die ältesten Kapellen sind durchaus die Vokalkapellen, vielleicht von allen die älteste, die den Namen Kapelle führte und noch führt, die päpstliche Kapelle (Cappella pontifica). Ähnliche Institute sind [um 1880] der Berliner Domchor, die Hofkapellen zu München und Wien, King's Chapel (Chapel Royal) in London, früher die Sainte Chapelle zu Paris etc., bei denen ein Anzahl besoldeter Kapellsänger den Stamm bilden.

Da die älteren Kirchenkompositionen stets nur für Singstimmen ohne alle Instrumentalbegleitung geschrieben waren (bis 1600), so erhielt die Bezeichnung a cappella (alla cappella) den Sinn von mehrstimmiger Vokalmusik ohne Begleitung. Erst als nach gedachtem Zeitpunkt Instrumentalbegleitung auch in der Kirchenkomposition Eingang fand, wurde es nötig, der Kapelle Instrumentenspieler beizugeben, deren Korporation allmählich auch den Namen Kapelle erhielt. Vergleiche Orchester. [Riemann Musik-Lexikon 1882, 438f]

Kapelle (1882)

Kapelle (italienisch: capella, französisch: chapelle) ist ursprünglich der Name für gottesdienstliche Gebäude, besonders für die Hauskirchen der Fürsten; bei jedem Schloss ist in der Regel auch eine Kapelle für die gottesdienstlichen Verrichtungen. Der Name ging dann auch auf den bei dem Gottesdienst mitwirkenden Chor von Sängern und auch Instrumentalisten über. Man nannte den Chor anfangs Kapellchor und schließlich einfach Kapelle.

Kapellisten, die Mitglieder solcher Kapellen.

Kapellknaben, die Chorschüler, welche in solchen Kapellen im Diskant und Alt mitsangen.

Kapellmeister (italienisch: maestro di capella, französisch: maître de chapelle) heißt der Direktor einer solchen Kapelle. [Reissmann Handlexikon 1882, 220]

Kapelle, Capella, Chapelle (1840)

Kapelle, Capella (italienisch), Chapelle (französisch). Der heilige Martin, der Mildtätige der Krieger, ein Muster militärischer Demut und christlicher Tapferkeit, ist uns besonders durch das historische Faktum bekannt, dass ihn, als er sich bei seiner gegen seinen Willen geschehenen Wahl zum Bischof von Tours versteckte, einige junge zungenfertige Gänse durch ihr Geschnatter verrieten, ein Verbrechen, zu dessen bildlichen Sühne noch jetzt überall das Gänsegeschlecht verfolgt, gemartert, genudelt, ja sogar am Namenstage des heiligen Mannes geschlachtet und verzehrt wird, unseren heutigen jungen Gänschen ein warnendes Beispiel. Der fromme Bischof starb um das Jahr 400; der Helm aber, den er früher als Krieger getragen (la cape de St. Martin de Tours - [Fußnote:] nach anderen die Mantelkappe, auch Chape, Chorrock), kam in den Besitz der fränkischen Könige, die denselben als eine Reliquie verehrten und in einem besonderen Raum aufbewahrten, welcher Capella genannt wurde. Nie zogen sie oder ihre Heerführer in den Krieg, ohne, wie es noch jetzt der Großsultan mit der Muhammeds-Fahne (früher ein Vorhang an der Kammer der Aischah, dritten Gemahlin des Propheten), jene Reliquie mit sich zu führen. Das Zelt, in welchem sie bewahrt wurde, war zugleich dem Lesen der Feldmessen sowie der Verrichtung anderer Andachtsübungen gewidmet und hieß ebenfalls Capella; die zur Bedienung der Reliquien bestimmten Leute erhielten den Namen Capellani.

Später ging jener Ausdruck auch auf andere gottesdienstliche Gebäude, namentlich auf die Hauskirchen der Fürsten und Magnaten über, und endlich der Name des Ortes auch auf die Gesamtheit der zum Gottesdienst bestimmten Musiker, weil diese gewöhnlich in einer an die Kirche angebauten Kapelle standen; so dass jetzt [um 1840], in weiterer Bedeutung, jeder Verein von Tonkünstlern, welche ein Fürst oder Herr in Diensten hat, Kapelle und jedes einzelne Mitglied Kapellist genannt wird.

Eine Kapelle besteht gewöhnlich aus dreißig bis vierzig Personen und aus siebzig bis achtzig mit Einschluss des Singchors. Sie muss gut eingespielt sein, worunter nicht allein das richtige Zusammenspielen aller Mitglieder in Ansehung des Taktes, sondern hauptsächlich ein guter und völlig gleichartiger Vortrag verstanden wird. Vergleiche Orchester. [Gathy Encyklopädie Musik-Wissenschaft 1840, 247f]