Horn (1882)

Horn (ital. Corno, franz. Cor, engl. Horn), das bekannte, durch Weichheit des Tons vor allen anderen ausgezeichnete Blechblasinstrument, entweder als Naturinstrument (Naturhorn, Waldhorn, Corno di caccia, Cor de chasse, French horn) oder (in neuerer Zeit fast ausnahmslos) mit Ventilen, Zylindern, Pistons, d. h. einem Mechanismus, welcher die Schallröhre durch Einschaltung kleiner "Bogen" verlängert und dadurch die Naturskala verschiebt (Ventilhorn), ist ein sogenanntes "Halbinstrument", d. h. es ist so eng mensuriert, dass der tiefste Eigenton nicht anspricht, sondern sogleich in die Oktave überschlägt. Obgleich die Schallröhre etwa 16 Fuß lang ist (im Kreis gewunden), so ist doch der tiefste Ton des C-Horns das achtfüßige (große) C. Der gewöhnliche Umfang des Horns erstreckt sich vom tiefsten Naturton (dem zweiten der Obertonreihe) bis zum c'', cis'' oder d'' (zweigestrichen), d. h. da die Hörner als transponierende Instrumente geschrieben werden, der tiefste Ton stets als

Horn, Notation des tiefsten Tons

so sind die Grenzen der verwendbaren Töne in der Tiefe je nach der Stimmung (Tonart) des Instruments:

Horn, Notation im Bassschlüssel

Man schreibt nämlich seltsamerweise diejenigen Töne des Horns, welche man im Bassschlüssel notiert, eine Oktave tiefer, als man sie im Violinschlüssel notieren würde, so dass

Horntöne, Transposition

identisch sind. Während so in der Tiefe der Umfang stets durch denselben Ton der Naturskala begrenzt wird (dem zweiten Ton der Reihe, vergleiche Klang), bestimmt in der Höhe die wirkliche Tonhöhe die Grenze für den Orchestergebrauch. Der höchste gute Ton ist daher

Horntöne, Notation

Die Skala der Naturtöne des Horns weist nach der Tiefe hin immer größere Lücken auf, diese werden zum Teil ausgefüllt durch gestopfte Töne. Es kann nämlich jeder Naturton um einen halben, zur Not auch um einen ganzen Ton vertieft werden dadurch, dass der Bläser die Hand in die Stütze schiebt. Die gestopften Horntöne haben einen gedrückten Klang, der von den Komponisten zum Ausdruck von Angst etc. verwertet wird. Die um einen Ganzton vertieften (sozusagen "doppelt gestopften") Töne sind rau und unsicher in der Ansprache, so: b d' f und besonders as'. Die Töne a und des', dreifach gestopft, sind nicht zu brauchen.

Die Einführung der Ventile beseitigt die Notwendigkeit des Gebrauchs gestopfter Töne, belasst aber die Möglichkeit ihrer Anwendung. Der Komponist kann sie auch von Ventilinstrumenten fordern.

Man unterscheidet im Orchester erstes und zweites Horn, bei stärkerer Besetzung Gruppen zu je zwei Hörnern, von denen eins als erstes, das andere als zweites Horn behandelt wird. Das erste Horn gebietet über die höchsten, das zweite über die tiefsten Töne. Jenes hat ein engeres Mundstück als dieses. Ein Mittelding, dem die höchsten wie die tiefsten Töne schwer werden, aber ein großer mittlerer Umfang zu Gebote steht, ist das von französischen Hornvirtuosen in Aufnahme gebrachte Cor mixte.

Zu bemerken ist, dass das Ventilhorn sich in der Klangfarbe nicht unerheblich vom Waldhorn unterscheidet. Der eigentümliche, elegische Ton des Horns ist bei ihm beinahe verwischt.

Das Horn ist als Soloinstrument sehr beliebt, und wenn auch Hornvirtuosen, welche Konzertreisen machen, heute ziemlich rar sind, so finden sich doch mehr oder weniger lange Hornsoli in Orchesterwerken und Opern sehr häufig. Berühmte Hornvirtuosen waren und sind: Mares, Stich (Punto), Lebrun, Domnich, Duvernoy, J. K. Wagner, Amon […]. Ausgezeichnete Hornschulen schrieben: Domnich, Duvernoy, Dauprat, Gumbert (vgl. die Biographien). Aus der nicht gerade reichen Literatur für Horn sei Schumanns Quadrupelkonzert für vier Hörner (Op. 86) hervorgehoben. [Riemann Musik-Lexikon 1882, 403f]