Musiklexikon: Was bedeutet Dilettant?

Der musikalische Fachbegriff "Dilettant", kompetent erläutert von Musikwissenschaftlern des 19. Jahrhunderts - gesammelt im historischen Online-Musiklexikon von musikwissenschaften.de:

Dilettant, Liebhaber, Amateur (1882)

Dilettant ("Liebhaber", französisch: Amateur), in Bezug auf die Musik der Gegensatz zum Berufsmusiker. Das Wort Dilettant hatte früher durchaus nicht den Beigeschmack von Geringschätzigkeit, den man jetzt damit verbindet. Boccherini widmete 1768 seine ersten Streichquartette "den rechten Dilettanten und Kennern" ("ai veri dilettanti e cognoscitori di musica"). Der Geschmack der Dilettanten war nicht immer so durchschnittlich schlecht und auf leichte, süßliche Eintagsmusik gerichtet wie heute, besonders fand die Kammermusik mehr als heute Pflege in den Häusern von Nichtberufsmusikern, es wurde ernsthafter musiziert und wohl auch besser gespielt als heute. Heute versteht man leider unter Dilettantismus eine oberflächliche und manierierte Kunstübung sowohl auf dem Gebiet der Ausführung als auch der Komposition. Ein Dilettant ist, wer nichts Rechtes gelernt hat; es ist Ehrensache der Dilettanten, ihren Namen wieder ehrlicher zu machen. [Riemann Musik-Lexikon 1882, 205]

Dilettant (1840)

Dilettant, nach einem besonders auf Musik bezüglichen italienischen Ausdruck derjenige, der zu seinem - wenn auch nicht immer zu anderer - Vergnügen mit Musik sich beschäftigt.

Der Dilettantismus ist der Meister- und Kennerschaft entgegengesetzt und, wie er in neuerer Zeit grassiert, dem gesunden Menschenverstande ganz und gar zuwider. Überall treibt er sein Wesen, in der Kirche, in Konzerten, in den Häusern, auf den Straßen; ein wahres Treibjagen; die gehetzte, geängstete Musik weiß nicht mehr wohinein, wohinaus. Im Konzertsaale und in den Teegesellschaften hat die Eitle ihren rechten Platz gefunden. Da sitzt sie bei flimmerndem Lampenlicht mit ihren Virtuosenkniffen am Klavier, hoch aufgedonnert, in glänzendem Putz und buntem Flitterstaat, geschminkt, geschnürt, geschniegelt und gebügelt. Und alles horcht; die hohen Gönner und die tiefen Kenner und die überschwenglichen Bewunderer; alles glaubt zu kennen und zu empfinden und schwatzt mit unglaublicher Virtuosität und Sicherheit über die bedeutendsten Kunsterzeugnisse ab; dies ist genialisch und das ist schenial [sic]. Es ist des Urteilens, Nachdenkens und Nachempfindens kein Ende! Doch reißt der Theaterprinzessin dort am Klavier Schminke, Putz und Flitter vom Leib, was bleibt? ... Ein Räderwerk, ein dürres Holzpüppchen ohne Geist und Leben, ein Fetisch, angebetet von der bewundernden Menge. Dem Göttlichen ist der Gott entflohen, der Musik das Licht des Lebens ausgegangen, die Wahrheit - und die Keuschheit, ihre Zierde, hat sie eingebüßt. Sie ist zum Gesellschaftsklepper herabgesunken, die jeder Schlingel gelegentlich paradierend besteigt; zur Metze, deren Tausendkünsteleien jeden Bessern anwidert. Sie ist zu allgemein geworden und allzugemein. Und das haben die Virtuosen und Dilettanten getan. [Gathy Encyklopädie Musik-Wissenschaft 1840, 96]

Dilettant (1802)

Dilettant. Darunter versteht man eine Person, die eine Singstimme oder ein Instrument zu ihrem Vergnügen ausübt,* ohne die Musik zu ihrer Hauptbeschäftigung zu machen oder sich durch dieselbe Unterhalt zu verschaffen.

* Von dem italienischen Zeitworte dilettare sich vergnügen.

[Koch Musikalisches Lexikon 1802, 431]