Dilettant (1840)

Dilettant, nach einem besonders auf Musik bezüglichen italienischen Ausdruck derjenige, der zu seinem - wenn auch nicht immer zu anderer - Vergnügen mit Musik sich beschäftigt.

Der Dilettantismus ist der Meister- und Kennerschaft entgegengesetzt und, wie er in neuerer Zeit grassiert, dem gesunden Menschenverstande ganz und gar zuwider. Überall treibt er sein Wesen, in der Kirche, in Konzerten, in den Häusern, auf den Straßen; ein wahres Treibjagen; die gehetzte, geängstete Musik weiß nicht mehr wohinein, wohinaus. Im Konzertsaale und in den Teegesellschaften hat die Eitle ihren rechten Platz gefunden. Da sitzt sie bei flimmerndem Lampenlicht mit ihren Virtuosenkniffen am Klavier, hoch aufgedonnert, in glänzendem Putz und buntem Flitterstaat, geschminkt, geschnürt, geschniegelt und gebügelt. Und alles horcht; die hohen Gönner und die tiefen Kenner und die überschwenglichen Bewunderer; alles glaubt zu kennen und zu empfinden und schwatzt mit unglaublicher Virtuosität und Sicherheit über die bedeutendsten Kunsterzeugnisse ab; dies ist genialisch und das ist schenial [sic]. Es ist des Urteilens, Nachdenkens und Nachempfindens kein Ende! Doch reißt der Theaterprinzessin dort am Klavier Schminke, Putz und Flitter vom Leib, was bleibt? ... Ein Räderwerk, ein dürres Holzpüppchen ohne Geist und Leben, ein Fetisch, angebetet von der bewundernden Menge. Dem Göttlichen ist der Gott entflohen, der Musik das Licht des Lebens ausgegangen, die Wahrheit - und die Keuschheit, ihre Zierde, hat sie eingebüßt. Sie ist zum Gesellschaftsklepper herabgesunken, die jeder Schlingel gelegentlich paradierend besteigt; zur Metze, deren Tausendkünsteleien jeden Bessern anwidert. Sie ist zu allgemein geworden und allzugemein. Und das haben die Virtuosen und Dilettanten getan. [Gathy Encyklopädie Musik-Wissenschaft 1840, 96]