Hoboe, Oboe (1855)

Oboe, um 1890

Oboe (Hautbois), Abb. aus dem Prospekt eines US-amerikanischen Musikalienhändlers um 1890. "Ebony, 15 Keys, 2 Rings, $ 53,00".

Hoboe, Oboe (Hautbois). Mit Gewissheit lässt sich das eigentliche Erfindungsjahr der Hoboe nicht mehr bestimmen, weil uns die Geschichte leider weder die Zeit noch den Namen des Meisters aufbewahrt hat, der sie zuerst verfertigte. Ihr wirklicher Ursprung führt indes so tief in das Altertum zurück, als der Ursprung des Zinkens. Und wir können sie gewiss mit eben so viel Recht von der Rohrflöte der Griechen als von dem Keren der alten Hebräer ableiten.

Mit der jetzigen Einrichtung kam sie, wenn auch noch unvollkommen, ungefähr um das Jahr 1720 in Aufnahme. Nach Walters Lexikon verdrängte sie das damals bei der Musik sehr gebräuchliche Schalmey [siehe Hautbois (1732)].

In Frankreich brachten sie die Gebrüder Besozzi zuerst in Ruf. Sie gaben nämlich im Jahr 1735 zu Paris unter allgemeinem Beifall Konzerte auf diesem Instrument. Nach Müllers ästhetisch historischer Einleitung in die Geschichte der Musik, Teil I, pag. 221, Leipzig 1830, zeichnete sich um 1780 Barth in Deutschland als Virtuose auf der Hoboe aus.

Man verfertigte sie gleich Anfangs in verschiedenen Größen unter folgenden Benennungen:

  • Hoboe bassa, oder grand hautbois,
  • Hoboe d'amour,
  • Hoboe piccolo,

welche letztere in eingestrichen c stand und unsere jetzige Hoboe bezeichnet. Die Hoboe d'amour unterschied sich von ihr durch eine größere Dimension und engere Schallstürze. Auch stand sie um eine Terz tiefer, nämlich in klein a, und hatte einen Umfang bis h. Die Hoboe bassa vertrat damals häufig die Stelle des Fagotts. Alle drei Sorten wurden gerade aus vom Mund gehalten.

Früher war die Hoboe, welche aus einer nach oben verjüngten, unten mit Schallstürze versehenen Röhre von hartem Holz besteht, nur aus drei Teilen zusammengesetzt. Diese Teile hießen: Das Oberstück, Mittelstück und der Becher (Schallstürze). Später wurden die Teile behufs höherer oder tieferer Stimmung vermehrt. Man fügte bald drei besondere Oberstücke und zwei Mittelstücke hinzu, um mit jeder Stimmung zu konkurrieren. Diese Einrichtung wurde jedoch bald wieder durch eine weit einfachere und bessere verdrängt. Man brachte nämlich einen Zylinder zum Ausziehen daran an, mittelst dessen eine höhere oder tiefere Stimmung auf das Genaueste reguliert werden kann. Die Klappen vermehrte man nach und nach bis auf vierzehn.

Nach Anbringung der zweigestrichenen c- und dis-Klappen, welche, besonders für Reinheit dieser Töne, als erste wesentliche Verbesserung der Hoboen angesehen werden müssen, fügte zuerst der schon bei der Flöte genannte Gerhard Hofmann im Jahr 1727 noch die gis- und die b-Klappen hinzu. Später kamen noch die h-, eingestrichene c-, cis-, es-, fis-, gis-, (as-), b- und dreigestrichen f-Klappen in Aufnahme, wodurch die Reinheit der Töne völlig ausführbar wurde.

Der Ton der Hoboe ist bei kräftigem Anblasen sehr scharf, schneidend, und bei starkem Chor hervorstechend, weshalb sie meistens die Melodie führt. In der Hand des Künstlers wird sie aber bei zarter Behandlung auch der größten Weichheit fähig. Ihr Tonumfang erstreckt sich vom kleinen h bis zum dreigestrichenen a.

Zur Erlangung eines gediegenen, zarten und gefühlvollen Vortrags auf der Hoboe wird außerordentliche Übung und inniges Sanggefühl erfordert, weil nur dadurch die Zartheit des Tons erreicht und ausgedrückt werden kann. Um 1770 bis 1784 galten besonders Ulrich, Komponist zu Stuttgart, und Thomas Vincenz um 1788 in London als große Meister der Hoboe. […]

Schulen für dieses Instrument haben wir von Joh. Chr. Schickhardt, Komponist in Hamburg (starb 1732); J. Sellner in Wien, 1825. [Welcker von Gontershausen Magazin 1855, 139ff]