Klavier-Auszug (1929)
Klavier-Auszug [Klavierauszug]. Die Geschichte des Klavierauszugs beginnt im Grunde bereits mit den Arrangements von Tänzen und Chansons, die Attaingnant um 1530 veranstaltete. Sie ist dann identisch mit derjenigen der Tabulatur (siehe dort) überhaupt. Im eigentlichen Sinn jedoch hat sie ihre Anfänge in dem wachsenden Anteil der Dilettanten, die nicht mehr imstande waren, aus der Partitur zu spielen, an der Opernproduktion. Nach der Mitte des 18. Jahrhunderts erschienen von erfolgreichen Opern, Singspielen, "Operetten", Melodramen Klavierauszüge in Massen; sie geben folgerichtig kein Bild der Partitur, sondern lediglich von dem primitivsten musikalischen Verlauf eines Werkes. Der Klavierauszug ohne oder mit übergedrucktem Text ist freilich erst ein Produkt des 19. Jahrhunderts. Auf Klavierauszüge von Opern folgen sehr rasch solche von Sinfonie- und Kammermusik.
Einen Wendepunkt in der mehr oder weniger handwerksmäßigen Herstellung des Klavierauszugs bedeutet der Klavierauszug von Tristan und Isolde von Hans v. Bülow (1859); am Wagnerschen Drama scheidet sich überhaupt der praktische Klavierauszug (Bülow) und der virtuose (Tausig, Klindworth), der sich mehr der Lisztschen Transkription nähert. Vgl. u. a. Karl Grunsky, Die Technik des Klavier-Auszugs (Leipzig 1911). [Einstein/Riemann Musiklexikon 1929, 903]

