Kammerton (1929)

Kammerton so viel wie Normaltonhöhe. Schon die alten Griechen […] stimmten die Kithara stets von (klein) a aus, das etwa seine heutige Tonhöhe hatte (vgl. Riemann, Handb. d. MG. I, 1, 32f). Eine ein für allemal festgesetzte absolute Tonhöhe existierte jedoch früher nicht, sondern die Stimmung verschob sich im Laufe der Zeiten vielfach nach der Höhe und nach der Tiefe. Im 16.-17. Jahrhundert scheint sie in Deutschland sehr hoch gewesen zu sein, wie aus der Stimmung alter Orgeln hervorgeht, welche ungefähr einen ganzen Ton höher stehen als unser Kammerton. Doch ging die Stimmung allmählich herunter, besonders als sich eine selbständige Instrumentalmusik, die Kammermusik, außerhalb der Kirche entwickelte, welche bald ihre eigene Normalhöhe bekam, die von der der Orgeln, nach welcher der Chor sang (Chorton), als Kammerton unterschieden wurde. Noch höher als der Chorton war der Kornetton (eine kleine Terz höher als der Kammerton), die Stimmung der Stadtpfeifer.

Chorton und Kammerton haben sich nebeneinander längere Zeit gehalten und sind beide ungefähr parallel hinauf- und heruntergegangen; auch nach der Antiquierung des Chortons schwankte der Kammerton noch lange, bis die Aufstellung des Diapason normal durch die Pariser Akademie 1858, hoffentlich für immer, die Normaltonhöhe des eingestrichenen a auf 870 einfache oder 435 Doppelschwingungen in der Sekunde festlegte (1885 von der internationalen Stimmtonkonferenz in Wien angenommen). Vgl. Ellis, History of Musical Pitch 1880 (ein Auszug daraus in der Vierteljahrsschrift f. MW. 1888); diese Schrift erweist eine fast unentwirrbare Konfusion der Stimmungsverhältnisse in verschiedenen Ländern und Zeiten und eine noch größere der Benennungen. [Einstein/Riemann Musiklexikon 1929, 856]