Anschluß-Motive (1929)

Anschluß-Motive [heutige Schreibweise: Anschlussmotive] heißen Motive, welche nach einer Schlusswirkung (sie bestätigend oder verändernd) angehängt sind und das Gewicht des Schlusswertes durch solche Beziehung auf denselben überbieten, ohne doch die Taktordnung oder den Periodenbau zu stören. Anschlussmotive sind sozusagen reicher entwickelte weibliche Endungen (s. d.); wenn Clementi statt der Endung (*):

Anschlussmotiv (Einstein 1929)

Anschlussmotiv (hier abgekürzt: A.-M.)

das Anschlussmotiv schreibt, so hebt er damit die Schlusswirkung nicht auf, verstärkt aber die weibliche Halbschlussbildung T-D [Tonika-Dominante] durch die Entwicklung des zweiten Motivs, das von der Tonika zur Dominante übertritt, sozusagen aus der Schlusswirkung herausstrebt, ohne sie doch vernichten zu können.

Anschlussmotive unterscheiden sich im Vortrag von weiblichen Endungen durch selbständige dynamische Ausstattung (crescendo-stringendo nach ihren Schwerpunkten hin), sind aber von weiterbildenden, neue Anfänge bedeutenden Motiven dadurch unterschieden, dass ihr Tempo durch ihre Anhängung an eine Schlusswirkung gehemmt ist. Die Riemannsche Phrasierungsbezeichnung macht Anschlussmotive kenntlich durch nach rückwärts überlaufende Bögen. [Einstein/Riemann Musiklexikon 1929, 49]