Acciaccatura (1865)

Acciaccatura, eine ehemals auf der Orgel und dem Klavier sehr gebräuchlich gewesene Spielmanier, dem kurzen Vorschlag sonst ganz ähnlich, nur dass ihr Nebenton noch dichter vor dem Hauptton angeschlagen wird, dieser also ganz schnell auf jenen folgt. Man brachte sie viel in Arpeggien an, als Vorschläge vor einem oder mehreren der Akkordtöne:

notierte Acciaccaturen (Dommer 1865)

notierte Acciaccaturen (Dommer 1865)

Natürlich musste der Akkordton den Vorschlag sehr präzise ablösen, indem sonst, namentlich auf der Orgel und wenn gar mehrere Acciaccaturen in demselben Akkord angebracht werden, Undeutlichkeit und widerliches Dissonieren sich einstellte. Dass es bei solchem Herumkneten in den Akkorden nicht immer gar zu reinlich zugegangen und diese nichtssagende Verzierung keineswegs eine Förderung des Wohlklanges der Harmonie gewesen ist, kann man sich selbst denken; Mattheson (Vollk. Capellm. S. 120) hat schon eine ähnliche Ansicht davon gehabt und verwirft sie deshalb. Heinichen hingegen beschreibt die Acciaccatur, Gasparini folgend, so ausführlich als ob sie eine Sache von Wert wäre (Generalb. i. d. Compos. 1728, S. 534ff).

Bezeichnet wurde sie, wenn überhaupt, meist wie im voranstehenden Beispiel, mit kleinen (doch in der Mitte des Stieles [Notenhalses] durchstrichenen) Vorschlagsnoten. Gewöhnlich aber hat man ihre Anwendung wohl dem Belieben der Spieler überlassen.

Das Wort Acciaccatura scheint ein selbstgemachter Terminus zu sein. Man findet verschiedene Ableitungen: von acciacco, überflüssig (Beiwerk); accia, Bindfaden, Band (Bindung); acciaccare, zerreiben, zerstoßen. [Dommer Musikalisches Lexicon 1865, 18]