Ripieno (1802)

Ripieno (voll, ausgefüllt) ist das Beiwort, womit man 1) solche Hauptstimmen bezeichnet, die bei der Ausführung vielfach besetzt oder von mehreren Personen zugleich vorgetragen werden, wie z. B. die vier Singstimmen eines Chors - oder wie bei voller Orchester-Musik die vier Hauptstimmen, nämlich die erste und zweite Violine, die Viola und der Bass. Man unterscheidet demnach durch das Beiwort ripieno oder durch den Ausdruck Ripienstimme die vielfach besetzten Hauptstimmen eines Chores oder eines Orchesters von solchen Hauptstimmen eines Tonstückes, die nur von einer einzigen Person vorgetragen werden und die man konzertierende oder obligate Stimmen nennt (siehe konzertierend).

Von dem charakteristischen Unterschied einer Solo- und Ripienstimme ist schon in dem Artikel Arie gehandelt und bemerkt worden, dass die Solostimmen den Ausdruck der Empfindungen einzelner Personen, die Ripienstimmen aber den Ausdruck der Empfindungen einer ganzen Menge zum Gegenstand haben.

Mit dem Worte ripieno werden 2) auch diejenigen Stimmen bezeichnet, die bloß zur Ausfüllung und Verstärkung eines Tonstückes dienen. Von dieser Beschaffenheit sind teils die sogenannten Füllstimmen, z. B. die Trompeten, Hörner, Oboen oder Klarinetten, wenn sie nicht obligat gearbeitet, sondern bloß zur Ausfüllung und Verstärkung der Harmonie oder zur Verstärkung der Hauptstimmen gesetzt sind, teils auch die vervielfältigten Hauptstimmen, die nur bei vollem Chore gebraucht werden. So bezeichnet z. B. in einem Konzerte oder in einer Arie der Ausdruck Basso ripieno diejenige Grundstimme, die nur die Ritornelle verstärken, aber bei der Begleitung der Solostimme schweigen soll, damit das Akkompagnement die Hauptmelodie nicht übertöne. [Koch Musikalisches Lexikon 1802, 1260f]