Präludium (1882)

Präludium (französisch: prélude, englisch: voluntary) = Vorspiel, heißt das Tonstück von unbestimmter Form, mit dem größere Formen von mehr feststehender Konstruktion eingeleitet werden. Es ist bei dem Artikel Ouvertüre gezeigt worden, dass diese aus dem Präludium hervorging. Dies tritt zunächst als Intrata [sic] auf, mit der, meist nur auf dem tonischen Dreiklang ruhend, festliche Aufzüge und später die erste Szene der Oper eingeleitet wurden. Mit der selbständigeren Entwickelung der Instrumentalmusik erweiterte sich diese Intrata dann zur Sonata und zur Ouvertüre, wurde aber auch namentlich am Clavichord und der Orgel als selbständiger Satz zum Präludium herausgebildet, mit welchem die Suite oder Fuge und Fantasie eingeleitet wurde.

Diese Präludien unterscheiden sich von jenen vorerwähnten, mehr äußeren Zwecken dienenden Improvisationen dadurch, dass sie weiter ausgeführt und nach bestimmteren künstlerischen Gesichtspunkten angeordnet sind. Sie vermitteln nicht eigentlich einen bestimmten Inhalt, sondern sie bereiten nur vor. Ihre Form ist demnach insofern frei, als diese durchaus nicht, selbst nicht in ihrem Grundriss, fester bestimmt ist. In der Regel entbehrt das Präludium der rhythmischen Gliederung; es wird dadurch gewonnen, dass eine nur organisch entwickelte Reihe von Akkorden in motivisch entwickeltes Figurenwerk aufgelöst wird. So sind die meisten Präludien für Klavier von Joh. Seb. Bach, Clementi, Mendelssohn und Chopin gehalten, und diese Anordnung entspricht der Idee der Form vollkommen. [Reissmann Handlexikon 1882, 396f]