Neumen (1840)

Neumen [sind] die in frühester Zeit gebräuchlichen, in alten Choralbüchern noch vorfindlichen Tonzeichen. Sie bestanden aus Akzenten, Punkten, Häkchen, Strichelchen und Schnörkeln, welche dem Sänger durch ihre Stellung über den Textworten die Tonhöhe und durch ihre Gestalt auch die Inflexion, das Steigen oder Fallen der Stimme, versinnlichen sollten. Ein wesentlicher Mangel dabei war die Unsicherheit der Bezeichnung, die ganz unvermeidlich grobe Irrtümer von Seiten der Sänger nach sich ziehen musste. Im neunten oder zehnten Jahrhundert wurde diesem Übelstande einigermaßen abgeholfen, indem man quer über die Zeile des Textes eine Linie zog und die Neumen in, über und unter dieselbe setzte. Eine größere Bestimmtheit erhielt die Schrift späterhin durch Hinzufügung einer zweiten Linie; die erste, rot gemalt, bedeutete zugleich den F-, die zweite darüber, gelb, den C-Schlüssel; die Zwischentöne wurden nach dem Augenmaße durch Höhe und Tiefe angedeutet.

Diese von Guido vorgefundene Neumenschrift verbesserte er dahin, dass er noch eine Linie unter F und eine zwischen rot F und gelb C zog und diese vier Linien sowohl als auch die Zwischenräume benutzen lehrte. Dies Liniensystem, in welchem jeder Ton seinen bestimmten Platz erhielt, wurde später bei Einführung der Notenschrift beibehalten. [Gathy Encyklopädie Musik-Wissenschaft 1840, 326f]