Leere Saiten (1865)

Leere Saiten, Bloße Saiten, Terminus der mit einem Griffbrett versehenen Saiteninstrumente, bedeutet, dass die Saiten ihrer ganzen Länge nach klingen, ihren Grundton geben, also nicht durch Andrücken mittels eines Fingers an das Griffbrett verkürzt (nach dem Kunstausdruck: bedeckt) werden. Man wendet das Wort auch auf den Ton selbst an, der Ton a1 z. B. wird leer genannt, wenn er auf der a1-Saite selbst, bedeckt hingegen, wenn er auf der d1-Saite mittels Verkürzung derselben genommen wird.

Indem die Saite, leer angespielt, bei weitem stärker klingt als bedeckt, muss der Vortragende wohl unterscheiden, wo er der leeren Saiten sich zu bedienen und wo er sie zu vermeiden hat. Im Solospiel, besonders in kantablen Sätzen, in denen jeder schärfer hervortretende Ton auffällt, ist der Gebrauch derselben am besten ganz zu umgehen, oder doch wenigstens so viel als möglich zu beschränken, es sei denn, dass etwa ein starker Akzent auf den betreffenden Ton fällt. In schnelleren Sätzen und Passagen wird ihre Vermeidung nicht allemal möglich, allerdings auch bei weitem weniger erforderlich, weil ihr hervorstechender Klang bei der Schnelligkeit der Tonfolge weniger auffällt, namentlich wenn die ganze Partie mit etwas kräftigem Striche auszuführen ist. [Dommer Musikalisches Lexicon 1865, 507]