Kyrie Christe eleison (1865)
Kyrie (Christe) eleison (Herr erbarme Dich), bei den liturgischen Schriftstellern auch häufig die Benennung Litania, Letania (Litanei) führend (Gerbert, De cantu I. 542), der erste Teil der Messe, auf den Introitus folgend und, gleich diesem, antiphonischer Wechselgesang. Die Einführung dieser Gebetformel in die Liturgie ist uralt, wahrscheinlich ist sie von den Griechen zu den Lateinern gekommen. Ihre Aufnahme in die Messe des abendländischen Gottesdienstes wird Gregor d. Gr. zugeschrieben. Im Orient spricht der Geistliche beim Beten des Eleison einzelne Bitten vor, welche das Volk mit Kyrie eleison beantwortet. Im Okzident beten schon seit Gregors Zeit Priester und Volk das Kyrie eleison und Christe eleison abwechselnd, und zwar heutzutage sechsmal Kyrie und dreimal Christe. Auch wurde das Eleison an Festtagen mit Tropen ausgeschmückt, die Beschaffenheit eines solchen kann man aus Luc. Lossius, Psalmod. S. 260 ersehen.
In der musikalischen Komposition der Messe besteht das den ersten Satz derselben bildende Eleison aus mehreren Teilen. Zuerst kommt das Kyrie eleison für Chor, dann das Christe als Mittelsatz, entweder auch für Chor oder für Solostimmen, und dann wird das Kyrie wiederaufgenommen. Die Ausgestaltung dieser Teile ist sehr verschieden. Das erste Kyrie ist entweder nur kurz und findet seine weitere Ausbildung nach dem Christe; oder es ist ein ganz breit angelegter und ausgearbeiteter Satz, der nach dem Christe nur teilweise repetiert wird. Häufig erscheint es auch als reguläre Fuge. Das Christe hat immer ein eigenes Thema und wird vom Kyrie abweichend behandelt, mitunter auch als Fuge, wenn das Kyrie nicht fugiert ist. Zuweilen werden auch die Themen des Kyrie und Christe in einer Doppelfuge, als dritter Teil, verbunden. Die in der protestantischen Kirche gebräuchliche Messe besteht nur aus zwei Hauptsätzen, dem Kyrie mit Christe und dem Gloria, wird daher auch Missa brevis (kurze Messe) genannt. [Dommer Musikalisches Lexicon 1865, 502f]